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Wendlingen und Köngen rüsten sich gegen künftige Hochwasser des Neckars. Die zehn Millionen Euro Kosten scheinen angesichts drohender Schäden wenig.

Die Bilder aus dem Ahrtal sind auch nach mehr als zwei Jahren noch präsent – bei der Flutkatastrophe im Juli 2021 starben weit über einhundert Menschen. Tausende Gebäude und Dutzende Brücken wurden zerstört oder beschädigt, 17 000 Menschen verloren ihr Hab und Gut, auch Tausende Unternehmen waren betroffen. Über diese persönlichen Tragödien hinaus sind die Überschwemmungen im Juli 2021 mit einem geschätzten Gesamtschaden von 40,5 Milliarden Euro laut einer vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz in Auftrag gegebenen Studie das kostenträchtigste Ereignis der deutschen Nachkriegsgeschichte.
Nicht erst seit der Flut im Ahrtal ist man auch am Neckar auf der Hut – laut dem Regierungspräsidium Stuttgart (RP) wären mehr als 5,7 Millionen Menschen von einem extremen Hochwasserereignis am Neckar betroffen, das geschätzte Schadenspotenzial liegt bei bis zu 14 Milliarden Euro. Da der Neckar als „Gewässer erster Ordnung“ eingestuft ist, sind das Land und damit das RP für die Sicherheit zuständig. Angesichts des möglichen Schadenspotenzials wirken die zehn Millionen Euro für die seit 2020 laufenden Hochwasserschutzmaßnahmen in Wendlingen und Köngen wie ein Nasenwasser. Dennoch sind es laut RP im Vergleich zu anderen Kommunen die zweithöchsten Investitionen in Sachen Hochwasserschutz. Teurer wird es nur in Nürtingen: Die dort anstehenden Arbeiten werden nach aktuellem Stand mindestens 41 Millionen Euro kosten. Während die Maßnahmen in Wendlingen und Köngen nach vier Jahren im Herbst 2024 abgeschlossen werden sollen, geht es in Nürtingen 2025 erst los.
Derzeit läuft in Wendlingen der letzte Bauabschnitt im Bereich des ehemaligen Sportgeländes des TV Unterboihingen. Die Stahlspundwand zur Untergrundabdichtung zwischen den Sportplätzen und der Römerbrücke wurde mittlerweile gesetzt, auf diese wird bis Ende Dezember eine etwa 1,10 Meter hohe Stahlbetonwand gebaut. Parallel laufen die Arbeiten zur Erhöhung des Hochwasserschutzdamms zwischen Autobahnbrücke und Gewerbegebiet. Dazu muss zunächst der Dammfuß im Bereich des ehemaligen Sportgeländes auf der ganzen Länge verbreitert werden. Anschließend wird eine „Vorschüttung“ an den bestehenden Hochwasserdamm ausgebracht. Diese Arbeiten sollen bis Jahresende zu 75 Prozent erledigt sein. Es folgen 2024 die weitere Vorschüttung sowie die Dammertüchtigung bis zur Autobahn. Abhängig ist das aber alles vom Wetter: Es darf nicht zu nass sein.

Größere Betonteile bereiten Probleme
Probleme bereiteten laut RP größere Betonteile, die beim Rammen der Spundwände im Bereich bis etwa 200 Meter oberhalb der Römerbrücke gefunden wurden. Die Bergung dieser Betonteile, vermutlich Abbruchmaterial, hatte eine rund vierwöchige Bauverzögerung zu Folge, laut RP kann der Abschluss der Maßnahme bis Herbst 2024 aber dennoch gehalten werden.
Nach Fertigstellung der Stahlbetonwand vom Sportplatz bis zur Römerbrücke stehen noch die Wiederherstellung der Grundstückseingrenzungen, die Neumodellierung der Böschungsoberkante des Neckars an sowie die Neuverlegung mehrerer Leitungen. Auch ein Betriebsweg soll noch angelegt werden.
Die Arbeiten bilden den letzten Abschnitt der Erneuerung des Hochwasserschutzes am Neckar zwischen Wendlingen und Köngen. Der letzte Bauabschnitt schlägt mit rund drei Millionen Euro zu Buche. Das Gros der Arbeiten war zwar auf Wendlinger Gemarkung verortet, aber auch auf der Köngener Neckarseite wurden Vorkehrungen für ein sogenanntes hundertjährliches Hochwasser (HQ 100) getroffen. So wurden etwa ein Schieberschacht hinter der Ulrichsbrücke und eine Querspange des Damms der B 313 hergestellt. Daneben wurden der Damm entlang des Neckars ertüchtigt und der Neckartalradweg neu angelegt. Von den zehn Millionen Euro Gesamtinvestition trägt 70 Prozent das Land, 30 Prozent (2,907 Millionen Euro) tragen die beiden Kommunen. Der Bärenanteil hiervon schlägt im Wendlinger Haushalt zu Buche – die Arbeiten auf Köngener Gemarkung kosten rund 190 000 Euro. Davon hat die Kommune einen Eigenanteil von 74 800 Euro zu berappen, den Rest zahlt das Land.

Hochwasserschutz am Neckar
Grundlagen: 
Vom Landesbetrieb Gewässer wurde der bestehende Hochwasserschutz am Neckar in den acht Städten und Gemeinden zwischen der Regierungsbezirksgrenze bei Neckartenzlingen und Wernau – wo unterhalb die Bundeswasserstraße in Plochingen beginnt und damit der Bund zuständig ist – untersucht. Die Ertüchtigung der Schutzeinrichtungen erfolgt in den Bereichen, wo dies gegen ein „hundertjährliches Hochwasser (HQ 100)“ zuzüglich Klimazuschlags in Höhe von 15 Prozent erforderlich ist.
Laufende Arbeiten: Auch in Neckartenzlingen wird derzeit der Hochwasserschutz verbessert. Am zweiten Bauabschnitt wird noch gearbeitet, der dritte Abschnitt ist bereits ausgeschrieben. Die Fertigstellung ist bis Mitte 2025 geplant, die Gesamtkosten betragen fünf Millionen Euro.
Weitere Planungen: Neben Nürtingen (ab 2025 Investitionen von 41 Millionen Euro) befindet sich auch in Neckartailfingen ein Neckarabschnitt in der Ausschreibungsphase. Die Arbeiten hier sollen 2024 umgesetzt werden, drei weitere Bereiche befinden sich noch in der Planung. Die Gesamtkosten werden auf rund fünf Millionen Euro beziffert. (kd)