Künftig wird die Verwaltung in Deizisau ihre Projekte mit einem Gemeindeentwicklungskonzept messen können. Ziele sollen bis ins Jahr 2035 umrissen werden.
Wie begegnet eine Gemeinde den Herausforderungen der nächsten Jahre und berücksichtigt dabei lokale Gegebenheiten? Um Antworten auf diese Frage zu finden, kann die Verwaltung in Deizisau künftig auf das Gemeindeentwicklungskonzept „Deizisau 2035“ zurückgreifen. „Wir haben ein Papier erarbeitet, das die gesamte Breite an Themenfeldern und Zukunftsüberlegungen nach heutigem Stand abbildet“, sagt Bürgermeister Thomas Matrohs.
Bereits 2019 beauftragte der Gemeinderat die Firma STEG Stadtentwicklung mit der Planung des Konzepts. Nach der öffentlichen Auftaktveranstaltung im Februar 2020 musste die weitere Planung pandemiebedingt für gut zwei Jahre pausieren, erklärt Projektleiterin Anja Memokoh. Seit Februar 2023 folgten dann eine Gemeinderatsklausur, ein Unternehmerabend und eine Bürgerversammlung. „Wir haben geschaut, wie der Zustand aktuell ist und was die Gemeinde erreichen will“, sagt Memokoh.
Anhand der Rückmeldungen aus der Bevölkerung seien fünf sogenannte Querschnittsziele erstellt worden, anhand derer man im nächsten Schritt konkrete Zielsetzungen abgeleitet habe, erklärt die Projektleiterin. Zum einen soll Deizisau eine attraktive Gemeinde zum Wohnen und Arbeiten sein. Außerdem sollen die Digitalisierungsstrategie umgesetzt und die Teilhabe der Bevölkerungsgruppen im Ort gefördert werden. Viele der Bürger sehen ihre Gemeinde auch in der Zukunft als hilfsbereit und aufgeschlossen.
Einzig das Querschnittsziel „Klimabewusst in Deizisau“ mit dem Schlagwort „Klimaneutralität“ wollten Gemeinderäte und Verwaltung genauer betrachten. „Wir sollten diesen Abschnitt noch mal überdenken. Die Formulierung ‚klimaneutral’ ist die schärfste, die es gibt“, erklärt Stefanie Gauch-Dörre (FWG). Die Gemeinde habe außerdem in diesem Themenfeld die Umsetzung meist nicht selbst in der Hand, sagt Matrohs. „Wir sind bei diesen Zielen oft abhängig von Partnern, wie beispielsweise beim Fernwärmenetz“, erklärt er. Es sei besser, eine niedrigere Hürde zu setzen und eine höhere nachzubessern, als bei einer zu ambitionierten Zielsetzung zurückrudern zu müssen. „Ich glaube, es wird schon eine große Herausforderung, die CO2-Neutralität bis 2035 zu erreichen“, sagt Matrohs.
Der Maßnahmenkatalog zum Erreichen der Querschnittsziele ist umfangreich. Besondere Bedeutung haben hier die sogenannten Schlüsselprojekte, wie etwa die „Sanierung Ortsmitte III“. Neben der allgemeinen Gestaltung und der Belebung des Ortskerns sollen hier vor allem Maßnahmen für Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel angestrebt werden. „Es konnten bereits viele Impulse aus dem Gemeindeentwicklungskonzept bei den Planungen übernommen werden“, sagt Anja Memokoh.
Das Neckarufer und den Fluss zugänglich und erlebbar zu machen, ist für viele Deizisauer seit Jahren ein wichtiges Anliegen, weshalb auch diesem Thema ein Schlüsselprojekt gewidmet wurde. „Der Neckar ist bisher für viele von uns nur der Industriefluss“, sagt Regine Kaufmann (LED). Dieses Schlüsselziel würde eine Aufwertung des gesamten Gebiets, auch für die Nachbargemeinden, bedeuten, erklärt sie. Es sei jedoch auch klar, dass es finanziell nicht möglich sei, alle Schlüsselprojekte gleichzeitig zu bearbeiten. „Für mich stellt sich die Frage, wie wir die Prioritäten setzen“, sagt Kaufmann.
Bei manchen der Projekte müsse die Gemeinde sowieso auf die Entscheidungen anderer Kommunen oder des Landes warten, sagt Matrohs. Bei der Umgestaltung des Deizisauer Neckarufers müsse man abwarten, wie es um den geplanten Radschnellweg steht, erklärt er.
Zwar seien im Gemeindeentwicklungskonzept viele Ziele gesammelt worden, jedoch sei dies nicht das Ende des Prozesses, erklärt Anja Memokoh. „Ich denke, dass das Konzept, das wir mit Gemeinderat und Bürgern erstellt haben, in Zukunft weitergedacht und weiterentwickelt werden sollte“, sagt die Projektleiterin. „Es ist eine Art Handlungsrahmen“, erklärt Matrohs. In Zukunft sollen Projekte in der Gemeinde stets mit dem Konzept abgeglichen werden. Um „Deizisau 2035“ der Bürgerschaft näher zu bringen, soll noch vor Ende des Jahres eine Informationsveranstaltung stattfinden.
Aufgaben und Rahmenbedingungen
Schlüsselziele: Dazu zählen die Sanierung der Gemeindehalle, der Bibliothek und des Freibads, eine Strategie zum Klimaschutz und zur Klimaanpassung, der Aufbau eines medizinischen Versorgungszentrums, eine mögliche Erweiterung der Schule, die Sanierung oder der Neubau des Feuerwehrmagazins und eine Expansion der Deizisauer Gewerbeflächen.
Demografie: Die Einwohnerzahl Deizisaus ist seit dem Jahr 2000 um acht Prozent gestiegen. 2021 lebten 6893 Personen im Ort. Im Jahr 2021 betrug das Durchschnittsalter der Bürgerinnen und Bürger 44,7 Jahre. Bis 2040 werden die 60- bis 85-Jährigen die größte Bevölkerungsgruppe darstellen.
Klimaziele: Die Bundesrepublik hat das Ziel, bis zum Jahr 2045 Treibhausgasneutralität zu erreichen. Das heißt, dass bis dahin die Emissionen und deren Abbau in Deutschland im Gleichgewicht stehen sollen. Bis 2030 soll der Treibhausgasausstoß bereits 65 Prozent geringer als im Jahr 1990 sein. (tki)