Die Pläne fürs neue Wernauer Pflegeheim auf dem Katzenstein wackeln. Der Gemeinderat auf der einen und der Investor sowie der künftige Betreiber auf der anderen Seite schieben sich gegenseitig die Schuld zu.
Was wäre, wenn es ab 2028 gar kein Pflegeheim mehr in Wernau gäbe? Mit diesem Gedanken wird sich der Gemeinderat auseinandersetzen müssen. Denn das Seniorenzentrum St. Lukas kann schon jetzt nur noch mit einer Ausnahmegenehmigung betrieben werden. Diese läuft nach aktuellem Stand Ende 2027 aus, und es ist mehr als fraglich, ob bis dahin ein neues Pflegeheim gebaut sein wird. Geplant war, dass die Stadt Wernau das große Grundstück nahe der Realschule an die Kreisbaugenossenschaft Kirchheim-Plochingen verkauft und diese dort eine Kita und ein Pflegeheim baut. Letzteres würde die Keppler-Stiftung betreiben, die schon seit vielen Jahren Trägerin von St. Lukas ist. Die drei Projektbeteiligten haben im Juni 2021 eine gemeinsame Absichtserklärung unterzeichnet, aber mehr kam nicht zustande – einen Kaufvertrag gibt es bis heute nicht.
Schon im Frühjahr hatten die Freien Wähler im Gemeinderat einen Sachstandsbericht gefordert. Der war für Ende Mai angekündigt, fand aber zumindest in öffentlicher Sitzung nie statt. Stattdessen waren Vertreter der Kreisbau und der Keppler-Stiftung im Juli nicht-öffentlich im Gremium. Dabei scheint man sich nicht nähergekommen zu sein – im Gegenteil: Das Projekt rückt weiter in die Ferne, was ein Schreiben von Stiftung und Genossenschaft an die Stadt unterstreicht. Die Absender bitten darin „um eine Zurückstellung des Grundstücksverkaufes und der weiteren Planungsschritte bis Mitte/Ende 2025“. Wegen der allgemein bekannten Probleme – explodierende Baupreise, höhere Zinsen, strenge Vorgaben beim Bau und weniger Förderung – könne das Projekt aktuell „weder finanziert noch umgesetzt werden“. Anderen Trägern und Betreibern gehe es ähnlich, im ganzen Land würden Vorhaben auf Eis gelegt.
Entscheidung über Aufschub wird vertagt
Allerdings fehlt in dem Brief auch ein Seitenhieb auf den Gemeinderat nicht. Kritisiert wird eine „unklare Unterstützung“ des Gremiums: Es habe den Standort wie auch das Engagement der Keppler-Stiftung infrage gestellt und den Ersatzneubau „zwanghaft“ an eine Perspektive für den Altstandort St. Lukas gekoppelt. Tatsächlich hatte der Gemeinderat lange, aber vergeblich, nach einem zentralen Standort gesucht und ebenso immer wieder eingefordert, dass die Lukas-Gebäude weiter für soziale Zwecke genutzt werden. Dazu hat mittlerweile eine Bürgerbeteiligung Ideen geliefert.
Während Bürgermeister Armin Elbl es „erfreulich“ findet, dass sich die anderen Projektpartner noch nicht komplett verabschiedet hätten, zeigte man sich im Gemeinderat vor einigen Tagen irritiert. Das Schreiben zeige „eine sehr einseitige Betrachtungsweise, um nicht zu sagen, es ist anmaßend“, sagte Jürgen Haas (FWV). Die CDU stehe nach wie vor zum Konzept und zum Standort, betonte Jens Müller. Aber wenn man schon zwei Jahre warten müsse, „sollten wir uns nicht Chancen vergeben, wenn sich Möglichkeiten auftun“. Er denke dabei zum Beispiel an Immobilien, die die katholische Kirche verkaufen wolle.
Arnold Pracht (SPD) redete sich richtiggehend in Rage. Ihn störe die Unverbindlichkeit, die sich schon seit Jahren durchziehe. Auch in Bezug auf ein Konzept seien die Betreiber nicht konkret. „Jetzt will man uns weismachen, die Baukosten seien schuld“, schimpfte Pracht. Alfred Freistädter (FWV) fasste zusammen: „Wir wollen nicht die Keppler-Stiftung rauskicken, wir wollen nur gesunde Wettbewerbsverhältnisse schaffen.“ Am Ende geriet die Diskussion mehr und mehr zum Schlagabtausch zwischen dem Bürgermeister, der sich für die Stiftung und die Genossenschaft einsetzte, und der Ratsrunde. Petra Binz (SPD) stellte die Frage, ob anstelle des Grundstücksverkaufs auch Erbpacht denkbar wäre. Das soll die Verwaltung nun klären. Die Entscheidung über den erbetenen Aufschub bis Ende 2025 wurde vertagt.
Vorgaben der Landesheimbauverordnung
Einzelzimmer: Die Landesheimbauverordnung, 2009 in Kraft getreten, schreibt unter anderem vor, dass es in Pflegeheimen nur noch Einzelzimmer gibt. Als Übergangsfrist wurden zehn Jahre, also bis 2019, festgeschrieben. In St. Lukas in Wernau ist das, neben anderen Punkten, nicht gewährleistet.
Ausnahme: Das Seniorenzentrum wird mit einer Ausnahmegenehmigung betrieben, die aktuell bis Ende 2027 gilt. Dies sei nur genehmigt worden, weil der Bau einer neuen Einrichtung als Ersatz geplant sei, so Bürgermeister Armin Elbl. Die Idee war, auf dem Katzenstein ein Pflegeheim mit rund 90 Plätzen zu bauen.
aia / Foto: Karin Ait Atmane
Kommentare sind deaktiviert.