Baumfällungen lösen häufig Aufregung aus. Aber offenbar nicht in der Reichenbacher Hauptstraße. Bei einer Bürgerinformation wurden die Pläne für die Ortsmitte sehr gut aufgenommen.
In Reichenbach wird gründlich geplant, auch mit ungewohnten Methoden: Wenn es die Sache verlangt, sucht der Baumgutachter auch mal das Gespräch mit Platanen. So zumindest beschrieb Martin Müller vom Büro Kompetenz für Bäume in Welzheim (Rems-Murr-Kreis) sein Vorgehen. Der Fachmann war mehrfach in der Reichenbacher Hauptstraße und hat den dort wachsenden Platanen ebenso in die Kronen geschaut wie auf die in erhöhten Rundbeeten eingezwängten Füße.
Er hat, meist vergeblich, nach Vögeln und Insekten Ausschau gehalten und schließlich, so fasste er zusammen, „mit allen Platanen gesprochen: Jede hat mir gesagt: Ich würde gern weggehen“. Etwas nüchterner ausgedrückt: Die Bäume stehen in schlechtem Untergrund, bekommen zu wenig Wasser und haben zu wenig Platz, weshalb sie regelmäßig stark gestutzt werden. Die dabei entstandenen Knollen seien pilzanfällig und ausbruchgefährdet. Kurzum: Müller sieht in der Hauptstraße keine Zukunft für die ahornblättrigen Platanen. Sein Rat: „Wenn Sie da was machen, machen Sie es richtig.“ Damit meinte er, die Platanen zu fällen und geeignetere Arten unter besseren Bedingungen neu zu pflanzen.
Die knapp 50 Bürgerinnen und Bürger am Infoabend nahmen das kürzlich mit Fassung auf. Die Pläne zur Neugestaltung der Hauptstraße kamen insgesamt gut an. Nicht infrage komme eine Fußgängerzone, dafür sei Reichenbach zu klein, betonte der Bürgermeister Bernhard Richter: „Wenn wir keine Parkplätze dort haben, können die Läden zumachen.“ Aber eine klare Struktur soll verdeutlichen, wo geparkt und wo gefahren wird, ein neuer Belag soll Optik und Barrierefreiheit verbessern und eine Grünzone in der Mitte soll zum Verweilen einladen.
Fünf Parkplätze fallen weg
Indem die Kreuzung mit der Wilhelmstraße angehoben wird, will man die Höhenunterschiede nivellieren. Unterm Strich werden fünf Parkplätze wegfallen, was die Planer für vertretbar halten.
Die Bürgerinnen und Bürger hatten gegen all das keine Einwände. Die meisten Nachfragen kamen von den Gewerbetreibenden als Hauptbetroffenen der Umgestaltung: etwa, ob durch neue Bäume die Sicht auf ihre Geschäfte versperrt werde oder ob Außenbewirtschaftung möglich sei. Die Vorschläge wolle man „in die Neuplanung einspeisen“, so der Bürgermeister. Details wie die Baumarten oder der Straßenbelag stehen bislang noch nicht fest. Klar ist, dass die Bauzeit vor allem für den Einzelhandel schwierig wird: Die Hauptstraße müsse komplett aufgerissen werden, bestätigten die Planer.
Am Schul- und Sportcampus wird bereits gebaut, aktuell noch an der neuen Sporthalle mit Mensa. Im Anschluss sind die Außenanlagen dran. Das Gelände soll vielschichtig entwickelt werden: Spielanlagen, Kleinsportfelder, Laufbahn und Weitsprunggrube, Schulwald, Renaturierung des Lützelbachs und die mehr als 3000 Quadratmeter große „Bürgerwiese“ wurden angesprochen. Ob Letztere denn auch als Festwiese zu gebrauchen sei, wollte ein Bürger wissen. Richter machte ihm keine großen Hoffnungen: Ein Zelt auf einer Wiese aufzustellen sei aufwendig, die rechtlichen Auflagen generell hoch.
Wünsche und Ideen einbringen
Insgesamt wird die Neugestaltung mit Vorfreude erwartet, Bürgerin Christa Rüdinger fragte vorsichtig an, in wie viel Jahren man denn damit rechnen könne. Da die Detailplanung noch aussteht, können Wünsche und Ideen weiterhin eingebracht werden. Welche Art von Seniorengeräten und an welchen Standorten werden am besten angenommen? Wie schafft man es, dass Kinder und Jugendliche parallel zum Zug kommen, ohne dass die Älteren die Jüngeren verdrängen? Das sind zwei der Fragen, die noch vertieft werden müssen. Denn das Gelände soll von allen Generationen und verschiedenen Zielgruppen genutzt werden und frei zugänglich bleiben. „Es gibt keinen Zaun – das ist ein großes Pfund“, sagte der Landschaftsarchitekt Harald Fischer.
Wann wird gebaut?
Schul- und Sportcampus: Sobald der Bau der neuen Sporthalle mit Mensa abgeschlossen ist, soll es möglichst nahtlos mit dem Außengelände weitergehen. Die Verwaltung rechnet damit, dass die Halle einschließlich der neu anzulegenden Parkplätze Ende 2024 fertig sein wird. Der nächste Bauabschnitt wäre die Renaturierung des Lützelbachs; von dieser aus werde man sich auf dem Gelände „von unten nach oben arbeiten“.
Hauptstraße: Als realistischen Baubeginn nennt Reichenbachs Bürgermeister Bernhard Richter „das Jahr 2025, es kann aber auch schon Ende 2024 sein“. Das hänge unter anderem davon ab, wann die Platanen gefällt werden können, so die Planer. Auch Fördermittel hofft die Gemeinde bis dahin noch aufzutun. (aia)
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