Dem Esslinger Schwimmsportverein fehlen Wasserflächen, Plochingen fehlt Geld. Beide zusammen wollen ein Schwimmbad bauen.
Es war kein Aprilscherz, sondern eher wie Weihnachten mit einem dicken Geschenk unterm Baum: Ein Hallenbad in Plochingen ist plötzlich wieder in greifbare Nähe gerückt. Die Idee, dass die Stadt mit dem Schwimmsportverein Esslingen (SSVE) kooperieren könnte, kam zumindest für die Öffentlichkeit völlig unverhofft. Aber sie hat schon recht konkrete Züge, und der Gemeinderat hat direkt und einstimmig den Grundsatzbeschluss für das Projekt gefasst. Es geht um ein Bad für Vereine und Schulen – inwieweit auch die Öffentlichkeit Zugang haben wird, ist noch unklar.
Es ist schon eine Weile her, dass Schwimmerinnen und Schwimmer in Plochingen ihre Bahnen ziehen konnten. Seit Herbst 2015 ist das städtische Hallenbad geschlossen, weil man im Zuge von Sanierungsarbeiten auf Asbest stieß. „Seitdem wird in der Bürgerschaft regelmäßig der Verlust dieser öffentlichen Einrichtung beklagt“, sagte Bürgermeister Frank Buß jetzt in der Ratssitzung. Zuletzt hatten die Fraktionen SPD, CDU und OGL Anfang des Jahres gemeinsam beantragt, einen Bürgerentscheid durchzuführen, der auf Basis einer Kostenschätzung für verschiedene Schwimmbad-Varianten erfolgen sollte. Dafür hatte man den Herbst 2023 im Blick. Doch dann geschah nichts mehr, und jetzt ist auch klar, warum: Schon Ende März hat wohl eine erste Kontaktaufnahme mit dem SSVE stattgefunden. Der Impuls kam aus der CDU, die „aus dem Umfeld des Vereins“ gehört hatte, dass dieser Wasserflächen suche. Nach einem ersten Austausch gab sie die Anregung an die Plochinger Stadtverwaltung weiter.
Diese hat den (Wasser-)Ball aufgenommen. Man habe schnell erkannt, dass da „Leute unterwegs sind, die wissen, was sie wollen und professionell aufgestellt sind“, sagt der Bürgermeister, während Carola Orszulik vom SSVE-Vorstand die konstruktive Zusammenarbeit mit der Verwaltung lobt. Beide Seiten sehen im Gemeinschaftsprojekt eine große Chance. Denn Plochingen sieht sich nicht imstande, alleine ein Schwimmbad, egal ob Vereins- oder Freizeitbad, zu bauen und zu betreiben. Und die Schwimmsportler suchen Trainingsmöglichkeiten: Die würden auch dann noch gebraucht, wenn das Merkel’sche Bad in Esslingen, das derzeit saniert wird, fertig ist, bestätigte Orszulik, die zusammen mit Architektin Svenja Fleckenstein in der Sitzung zu Gast war. Die Frage, warum sich ein Esslinger Verein nicht eher mit der Stadt Esslingen zusammentut, beantwortet die Vorständin vorsichtig: Dort habe sich, trotz jahrelanger Bemühungen, kein Grundstück gefunden.
Auf Wiese neben der Schafhausäckerhalle
Die beiden Frauen legten bereits ausgearbeitete Pläne für ein Hallenbad auf einem Gemeindegrundstück vor – eine Wiese neben der Schafhausäckerhalle, südlich der Parkplätze. Geplant sei „ein Zweckbau, ein Sportbad“, erklärte Fleckenstein: groß genug fürs Wasserballtraining, woraus sich ein Becken von 25 auf 33 Meter ergibt und eine Hallenhöhe von sechs Metern.
Diese Dimension hat ihren Preis, eine erste Kostenaufstellung geht von 10,5 Millionen Euro aus. Darin sind die Gebäudehülle und die Haus- und Schwimmbadtechnik enthalten, ebenso eine aufwendige Gründung und eine massive Betonbodenplatte für das Bad – letztere wären aufgrund des wenig tragfähigen Untergrundes notwendig. Laut Orszulik haben die bisherigen Gutachten und Pläne weder den Verein noch die Stadt etwas gekostet, denn sie wurden von kompetenten Vereinsmitgliedern ausgeführt.
Es bleibt noch einiges zu klären, nicht zuletzt die Finanzierung. Die Ratsmitglieder konnten aber, ebenso wie die zahlreichen Zuhörer, schon mal in Grundrissen, Schnitten und Ansichten schwelgen. Die SPD, so Joachim Hahn, begrüße „nachdrücklich dieses Vorhaben“, die CDU zeigte sich „sehr erfreut“ und die OGL war „sehr angetan“. Peter Blitz (OGL) und Harald Schmid (ULP) sprachen die Möglichkeit einer öffentlichen Nutzung an. Das Problem dabei seien die Personalkosten, erklärte Carola Orszulik. Trotzdem sei ihr Interesse „definitiv, dass so viele Menschen wie möglich mit verschiedenen Schwimminteressen das Bad nutzen können“. Dafür gebe es Lösungen: Im SSVE-Freibad auf der Esslinger Neckarinsel beispielsweise dürfen alle Vereinsmitglieder nach Belieben schwimmen.
Neue Aspekte für Architektenwettbewerb
Schwerpunkt: Der SSV Esslingen, 1908 gegründet, ist der größte Verein in Esslingen und der größte Schwimmsportverein in Baden-Württemberg. Er hat rund 3200 Mitglieder, der Schwerpunkt liegt auf Wasserball. Derzeit spielt eine Frauenmannschaft in der Bundesliga, die Männer sind mit der ersten Mannschaft zuletzt abgestiegen. Der SSVE bietet aber beispielsweise auch Schwimmkurse für Kinder an.
Standortfrage: Bisher war ein Hallenbad in Plochingen gedanklich auf dem Burgplatz, also nahe des früheren Hallenbads, angesiedelt. Ein Architektenwettbewerb für den ganzen Bereich sollte stattfinden, sobald das Verkehrskonzept Move vorliegt. Das ist mittlerweile der Fall, die mögliche Kooperation mit dem SSV Esslingen bringt nun aber neue Aspekte ins Gespräch. (aia)