Neckar Schurwald

Die Post verzichtet auf Nachtflüge

Die Änderung des Postrechts macht den Verzicht auf den Brieftransport ab April möglich. In Stuttgart geht es pro Monat um 80 bis 100 Flüge.

Der Nachtluftpostflug zwischen Stuttgart und Berlin wird zum 1. April eingestellt. „Der letzte Flug startet am 27. März abends nach Berlin“, sagt Marc Mombauer, Pressesprecher der DHL-Group in Stuttgart. Vom 2. April an wird der Posttransport nach seinen Worten „komplett auf die Straße verlagert“. Der Verzicht auf die Nachtpostflüge, die beim Lärmschutzbeauftragten für den Flughafen Stuttgart Stefan Köhler einer der Hauptgründe für Beschwerden sind, wird durch die Modernisierung des Postrechts möglich. Das Thema steht am 23. Februar auf der Agenda des Bundestags in Berlin. Dann entscheiden die Parlamentarier über das neue Gesetz.
Der Bundestagsabgeordnete Matthias Gastel, der die Grünen im Wahlkreis Nürtingen/Filder vertritt, geht davon aus, dass sich eine Mehrheit für die Modernisierung des Postgesetzes findet. Auch die Post bereitet den Umstieg vom Flugzeug auf die Straße nach Mombauers Worten bereits vor.
Das bedeutet das neue Postgesetz für den Briefverkehr? „Das noch geltende Postrecht schreibt der Deutschen Post vor, dass 80 Prozent aller Briefe am nächsten Werktag ankommen müssen“, bringt Gastel die Gesetzeslage auf den Punkt. Da die Briefmengen immer stärker zurückgingen und die Kosten des Briefnetzes auf immer weniger Briefe verteilt werden müssten, drohen nach seinen Worten „deutliche Portoerhöhungen“. Um das Porto auch künftig unter dem europäischen Durchschnitt halten zu können, wolle die Post nun die maximal zulässigen Brieflaufzeiten etwas verlängern. 95 Prozent der Briefe sollen am dritten Werktag ankommen müssen. Damit etwa überregionale Tageszeitungen auf dem Postweg pünktlich zu ihren Leserinnen und Lesern gelangen, denkt der Bundestag noch über Sonderregelungen nach.
„Mit dem neuen Postrecht kann auf besonders teure und klimaschädliche Nachtpostflüge verzichtet werden“, sagt Gastel. Dies habe auf die Menschen, die rund um den Flughafen Stuttgart leben, besonders positive Auswirkungen, weil eine Lärmquelle mitten in der Nacht wegfalle: Zwei der insgesamt drei Postverbindungen in Deutschland haben den Flughafen Stuttgart als Start- oder Zielort. Neben der Nachtluftpostverbindung nach Berlin wird auch Hannover von Stuttgart aus nachts angeflogen. Die Nachtpost wird in Passagiermaschinen transportiert, die tagsüber Linie fliegen. „Da geht es pro Monat um 80 bis 100 An- und Abflüge, die zwischen Mitternacht und 1 Uhr erfolgen“, fasst Gastel zusammen.

Etwas längere Brieflaufzeiten
Für den Grünen-Abgeordneten bringt das neue Verfahren unter dem Strich Vorteile. „Mit dem sich abzeichnenden neuen Recht könnte zwar der ein oder andere Brief etwas länger bis zu seiner Zustellung unterwegs sein.“ Dafür bleibe das Porto erschwinglich, und mit dem möglichen Entfall nächtlicher Briefpostflüge würden „Beiträge zum Lärm- und Klimaschutz geleistet“.
Die lärmgeplagten Anwohnerinnen und Anwohner des Flughafens entlastet der Wegfall der Nachtluftpostflüge zur Schlafenszeit. Stefan Köhler, der Lärmschutzbeauftragte für den Flughafen Stuttgart, hat 2022 insgesamt 1515 Nachtflugbewegungen verzeichnet. Flüge der Nachtluftpost machten mit 986 Flügen (65 Prozent) „wie in jedem Jahr“ den Hauptanteil aller Nachtflüge aus. 2021 verzeichnete der Lärmschutzbeauftragte, dessen Stelle beim Regierungspräsidium Stuttgart angesiedelt ist, 1132 Flüge in den Nachtstunden, in denen in Stuttgart die Nachtflugbeschränkung gilt.
In Köhlers Statistik machen die Nachtflüge der Deutschen Post den Hauptteil der Flugbewegungen im Betrieb jenseits der Nachtflugbeschränkung aus, die für den Flughafen Stuttgart gilt. Mit einer Sondergenehmigung, die allerdings strengen Vorgaben unterliegt, dürfen Linienmaschinen mit einer Ausnahmeerlaubnis des Regierungspräsidiums starten und landen. Dazu kommen Polizei- und Rettungsflüge, Militärmaschinen und Propellerflugzeuge – diese sind von der Beschränkung ausgenommen.
Die meisten Beschwerden gab es über Nachtflugbetrieb, Fluglärm allgemein und vermeintliche Streckenabweichungen. Diesen geht der Lärmschutzbeauftragte nach. „Alle Nachtflüge werden auf Einhaltung der Beschränkung nachträglich überprüft“, schreibt Köhler in seinem Bericht. Im Berichtsjahr gab es 70 Beschwerden zu Nachtflügen; 2021 waren es 97. Davon wurden viele wegen des Verdachts der Verletzung der Nachtflugbeschränkung vorgetragen.

Die Nachtflugbeschränkung
Flugbetrieb: 
Die Betriebszeiten am Flughafen Stuttgart sind für Starts täglich von 6 bis 23 Uhr, für Landungen von 6 bis 23.30 Uhr. Bei verspäteter Ankunft dürfen Maschinen bis 24 Uhr landen, wenn die planmäßige Zeit vor 23.30 Uhr lag.
Ausnahmen: Eine Ausnahme von der Beschränkung gilt für die Nachtpostflüge. Die Maschinen brauchen allerdings ein entsprechendes Lärmzeugnis. Außerdem kann die Luftaufsicht Ausnahmegenehmigungen erteilen, wenn ein triftiger Grund vorliegt – das gilt allerdings nur in begründeten Einzelfällen. Unter anderem sind auch Vermessungsflüge, Einsätze in der Notfallmedizin und im Katastrophenschutz sowie militärische Flüge zulässig. (eli)

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