Monatelang wurde in akribischer Kleinarbeit PCB-belastetes Material im alten Hauptgebäude der Zollberg-Realschule in Esslingen abgetragen. Dann erst war der Weg frei für den Abriss. In der Schule löst das viel Freude aus.
Es geht vorwärts an der Zollberg-Realschule. Das mit dem Weichmacher PCB kontaminierte Hauptgebäude steht nicht mehr. Nach und nach wurde es abgerissen, die letzten Mauern fielen in den Osterferien. Innerhalb der Schulgemeinschaft sorgt dieser Abbruch für Aufbruchstimmung. „Jetzt ist etwas sichtbar, das motiviert uns alle ungemein“, sagt die Schulleiterin Carolin Saar. Für sie hat damit eine entscheidende neue Phase begonnen.
„Wir freuen uns sehr und können es kaum erwarten, dass es nun mit dem Neubau losgeht“, so die Rektorin. Es ist gar nicht so, dass in den vergangenen Jahren nichts passiert ist. Doch die Abbauarbeiten, mit denen im Oktober 2022 begonnen worden war, haben sich innen und vor allem von Bauzäunen akribisch abgeschirmt abgespielt. Stück für Stück und Schicht für Schicht musste der aus dem Jahr 1972 stammende Altbau zerlegt und abgetragen werden. Denn aus den Deckenplatten, den Wandfugen und dem Boden dünstete seit Jahrzehnten der giftige Weichmacher PCB aus. Deshalb musste unbedingt vermieden werden, dass verseuchter Staub bei den Bauarbeiten nach außen dringt. „Das war alles sehr zeitaufwendig“, sagt Carolin Saar. Dass sich überhaupt etwas auf der Baustelle tut, habe man aber eher gehört, zu sehen war lange Zeit so gut wie nichts.
Die Giftstoffe, darunter auch das besonders gefährliche PCB 118, hatten sich überall festgesetzt. Nicht nur im und am Haus, sondern auch in Möbeln oder Schulmaterial. Bergeweise mussten Bücher und Aktenordner zurückgelassen werden, als das Gebäude im Mai 2019 geräumt wurde. Nur wenige wichtige Dokumente durften gerettet werden, sie mussten aber speziell gereinigt werden, erinnert sich die Leiterin des Staatlichen Schulamts in Nürtingen, Corina Schimitzek. „Es hat einem teilweise in der Seele wehgetan, wenn man voll funktionsfähige Messgeräte oder eine komplette Bio-Sammlung zurücklassen musste“, sagt sie, „aber die Sicherheit musste an erster Stelle stehen.“ Die Stadt Esslingen und der Gemeinderat hätten diesen Prozess sehr gut unterstützt, lobt Schimitzek. Das gelte im Übrigen auch für das Containerdorf, das die Stadt auf einem der Schulsportplätze als Ausweichquartier für den belasteten Altbau errichten ließ. In dem Containerdorf wird mittlerweile schon das fünfte Jahr unterrichtet. „Die Stadt hat sich nicht lumpen lassen, und es wurden keine halben Sachen gemacht“, so die Amtsleiterin. Die Anschaffung von Beamern, Whiteboards oder Dokumentenkameras hätten die Zollberg-Realschule damals zu einer der am besten ausgestatteten Schulen gemacht.
Komfortabel und bestens ausgestattet
Eltern und Kinder seien häufig überrascht, wie komfortabel die provisorischen Klassenzimmer sind, berichtet Carolin Saar von Reaktionen, die sie etwa an den Tagen der offenen Tür mitbekommt. Ganz ausräumen ließ sich die Skepsis gegenüber den Containern nicht, was sich teilweise auch in den Anmeldezahlen der beliebten Realschule niedergeschlagen hat. „Die Vorbehalte werden weiter schwinden“, ist Corina Schimitzek angesichts der Baufortschritte überzeugt, „die Schule hat viel zu bieten“.
Nicht zuletzt haben die Probleme und Hürden der vergangenen Jahre die Schulgemeinschaft auch zusammengeschweißt. „Wir stemmen das gemeinsam“, sagt Carolin Saar über den positiven Geist an ihrer Schule. Vermutlich im Sommer 2026 können die Schülerinnen und Schüler der Zollberg-Realschule in das neue Hauptgebäude der Schule einziehen, das auch Raum für neue pädagogische Konzepte bieten soll.
Ursprünglich war die Fertigstellung bereits für 2025 angepeilt worden. Im vergangenen Jahr hat die Stadtverwaltung aber mitgeteilt, dass der Schulneubau später fertig und zudem teurer als ursprünglich geplant wird. Inzwischen geht man beim Eigenbetrieb Städtische Gebäude (SGE) wegen der massiv gestiegenen Baukosten sowie höheren gesetzlichen Anforderungen an die haustechnischen Anlagen von Kosten in Höhe von 26,9 Millionen Euro aus – 2022 waren noch 23,6 Millionen Euro veranschlagt worden. Hinzu kommen 2,6 Millionen Euro für die Sanierung weiterer Gebäudeteile, womit die Gesamtkosten für das Projekt mit ungefähr 30 Millionen Euro beziffert werden. Genannt wurden diese Zahlen in einer Sitzung des Betriebsausschusses der SGE im November 2023. Vorgestellt wurde dort auch die veränderte Entwurfsplanung für den Neubau. Diese sieht eine Konstruktion in Hybridbauweise aus Holz und Beton vor. Zunächst war eine Stahl-Beton-Konstruktion geplant, aber aus Gründen der Nachhaltigkeit und angesichts sinkender Holzpreise habe man die Pläne überdacht, hieß es aus der Verwaltung. (pep)
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