Trist, kahl, chaotisch: Die Optik des Esslinger Bahnhofsvorplatzes ist vielen ein Dorn im Auge. Die Stadt will ihn verschönern, doch die Optionen sind begrenzt.
Die Liste der Mängel ist lang. Schon seit Jahren gilt der Bahnhofsvorplatz als Sorgenkind in Esslingen. Zuletzt stand vor allem das Thema Sicherheit im Fokus, weil viele Bürgerinnen und Bürger sich dort unwohl fühlen – insbesondere bei Dunkelheit. Neben den bereits angekündigten Vorhaben für ein besseres Sicherheitsgefühl soll nun auch die Optik verstärkt in den Blick genommen werden. Dass aus dem hässlichen Entlein über Nacht ein schöner Schwan wird, glaubt vermutlich niemand. Doch mit mehr Grün, mehr Wasser und mehr Events könnte die Aufenthaltsqualität durchaus steigen, so die Hoffnung. Welche Ideen umsetzbar sind, ist allerdings noch unklar.
Immer wieder ist in den vergangenen Jahren über Sicherheit, Sauberkeit und Aufenthaltsqualität am Esslinger Bahnhofsvorplatz diskutiert worden. Anlass der neuerlichen Debatte vor Kurzem im Ausschuss für Technik und Umwelt (ATU) war unter anderem ein Antrag der Grünen. Die Fraktion hatte konkrete Maßnahmen gefordert, die sowohl eine Steigerung der Attraktivität des Platzes als auch dessen Anpassung an den Klimawandel in den Blick nehmen sollten. Als mögliche Vorhaben hatte sie Wasserspiele, eine stärkere Begrünung sowie kleinere Events dort vorgeschlagen. Mit ihrer Forderung rannten die Grünen zwar offene Türen ein, die Vorhaben selbst sieht man im Rathaus aber skeptisch.
So sei mehr Grün auf dem Platz zwar wünschenswert, aber gar nicht so leicht zu realisieren, erklärte Axel Fricke, der Leiter des Stadtplanungsamtes. Denn am Standort des heutigen Bahnhofsvorplatzes habe sich von 1855 bis 1874 die Gasbeleuchtungsanstalt befunden, eine Vorläuferin der heutigen Stadtwerke, die dort durch Vergasung von Kohle unter Luftabschluss Gas herstellte. Deshalb schlummerten neben Resten baulicher Anlagen auch Altlasten im Boden, weshalb Eingriffe in den Untergrund kritisch zu sehen seien.
Untersuchungen von Fachbüros hätten ergeben, dass die Schadstoffe in Bewegung geraten und ins Grundwasser gelangen könnten, wenn Niederschlag in den Boden eindringe. Deshalb sollte es vermieden werden, den Bodenbelag zu öffnen. Daher könnten wohl höchstens ein bis zwei Bäume auf den wenigen unbelasteten Teilflächen des Platzes gepflanzt werden. Allerdings könne man sich durchaus mehr Grün in zusätzlichen Pflanzkübeln vorstellen.
Wasserspiele: attraktiv, aber sehr kostspielig
Wasserspiele wiederum wären zwar sicherlich attraktiv, aber sowohl die Installation als auch die Pflege seien sehr kostspielig, gab Fricke zu bedenken. „Wasser ist auf dem Bahnhofsvorplatz an sich schon wünschenswert“, befand Axel Fricke – aber man dürfe nicht vergessen, dass dabei strenge Hygienevorschriften einzuhalten, regelmäßig Wasserproben zu ziehen und Reinigungen zu erledigen wären.
Auch für Veranstaltungen komme der Platz nur begrenzt infrage. Denn er sei weder von der Strom- und Wasserinfrastruktur her als Eventlocation geeignet, noch von der Nettofläche, die nach Berücksichtigung aller Vorgaben wie Feuerwehr-Durchfahrten, Flucht- und Rettungswege übrig bleibe. Zudem sei die fehlende Aufenthaltsqualität ein Manko. Dennoch könne man sich prinzipiell vorstellen, die Fläche auf Wunsch für Marktstände oder Fahrgeschäfte zur Verfügung zu stellen.
Trotz aller Restriktionen plädierte Fricke dafür, sich grundsätzliche Gedanken über die künftige Gestaltung des Bahnhofsvorplatzes zu machen. Denn schon jetzt sei dieser eine wichtige Mobilitätsdrehscheibe, deren Bedeutung mit dem Wachsen der Neuen Weststadt und dem neuen Hochschulstandort weiter zunehmen werde. Daher wolle man sich kurzfristig um zusätzliches Grün auf dem Platz bemühen. Mittelfristig stünden ein neues Beleuchtungskonzept sowie Überlegungen zum Thema Wasser auf dem Platz auf der Agenda.
Zudem müsse man sich auf längere Sicht Gedanken über mehr Übersichtlichkeit machen. „Es gibt auf dem Bahnhofsvorplatz eine sehr unklare Wegeführung, viele können sich nur schlecht orientieren“, sagte Fricke. In die Überlegungen müsse man auch die mögliche Aufwertung von Anschlussbereichen wie Kronenhof, Fleischmannstraße und Bahnhofsunterführung einbeziehen. „Es gibt viel zu tun, aber es müssen nicht immer die großen Maßnahmen sein“, sagte der Baubürgermeister Hans-Georg Sigel.
Bei den Stadträtinnen und Stadträten im ATU fielen die Ankündigungen auf fruchtbaren Boden. Es sei dringend notwendig, sich schnell um die Aufwertung des Bahnhofsvorplatzes zu kümmern, so der Tenor. „Meine Hauptbotschaft ist: Macht mal!“, sagte der SPD-Rat Andreas Koch – und fasste damit wohl die Haltung der meisten Ausschussmitglieder zusammen.
Platz mit Verbesserungspotenzial
Mängel: Die Gestaltung des Esslinger Bahnhofsvorplatzes ist vielen ein Dorn im Auge. Auch die Stadtverwaltung sieht zahlreiche Mängel, unter anderem die Dominanz des Verkehrs rund um den Platz, die eingeschränkte Sicht durch Infocenter und Toilettencontainer und die schwierige Orientierung durch unklare Wegeführungen sowie verstellte Bewegungsachsen. Auch die mangelnde Aufenthaltsqualität, die fehlende Identität des Platzes und die ergänzungsbedürftige Beleuchtung seien problematisch, ebenso der Mangel an Grün und kühlenden Schattenspendern. Zudem gebe es in den Erdgeschossen rund um den Platz wenig publikumswirksame Angebote.
Chancen: Positiv für den Bahnhofsvorplatz wirkt sich laut der Stadtverwaltung aber die Entwicklung auf dem ehemaligen Güterbahnhofsgelände aus, etwa mit dem Neubau des Qbus an der Berliner Straße. Mit der Verlegung des Altstadtrings und der damit avisierten Verkehrsberuhigung in der Berliner Straße, der Ansiedlung der neuen Hochschule sowie potenziellen Frequenzbringern wie der Mobilitätsstation könne der Platz weiter an Attraktivität gewinnen. (meb)
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