Nürtingen

Das Werben um die Fachkräfte von morgen

Die Ausbildungsmesse Durchstarter lockte zahlreiche Besucher in die Stadthalle K3N. In diesem Jahr sollte ein neues Leitsystem den Kontakt zwischen Schülern und Ausbildungsbetrieben erleichtern. Wir haben uns unter die Menge gemischt.

Noch etwas verstohlen schauen sich die 16-jährige Marie und ihre 17-jährige Freundin Dora um. Es ist früh am Freitagmittag und die Ausbildungsmesse Durchstarter in der Stadthalle K3N ist in vollem Gange. Stimmengewirr rauscht durch alle Säle, gemeinsam schieben sich die beiden Freundinnen durch das Gedränge, vorbei an Ausstellern. Eine weite Anreise hatten sie nicht, beide besuchen das Max-Planck-Gymnasium in Nürtingen. „Wir wollen einfach mal herumgehen und schauen, was es gibt“, sagt Marie. Allerdings wissen die Schülerinnen schon, wo es beruflich hingehen soll: Marie möchte ins Gesundheitswesen, Dora einen kreativen Beruf ergreifen.


Es dauert nicht lange, bis eine OP-Schwester von der Medius Klinik Nürtingen auf die beiden zukommt und sie anspricht: „Wenn ihr wissen wollt, was die ‚rechte Hand‘ eines Chirurgen macht, dann kommt gerne zu unserem Stand.“ Unter der Haube und dem OP-Kittel steckt Melis Kambir, die im dritten Ausbildungsjahr zur operationstechnischen Assistentin ist. Bevor sie weiterzieht, drückt sie Marie noch einen Flyer in die Hand. „Das hilft sehr, wenn Leute so offen auf mich zugehen“, sagt Marie.

Schüler und Ausbildungsbetriebe zusammenführen

Bereits zum dritten Mal stellen die Stadt Nürtingen, das K3N und Neckar-Fils-Jobs.de die Ausbildungsmesse auf die Beine. Zur Eröffnung um 9 Uhr strömen Hunderte Schüler aus den Landkreisen Esslingen, Göppingen und Reutlingen in die Stadthalle. Rund 1500 Schüler sind angemeldet, aber auch spontane Besuche sind möglich. Es sei eine der größten und erfolgreichsten Ausbildungsmessen in der Region, sagt Oberbürgermeister Johannes Fridrich bei seiner Begrüßung. Die Durchstarter-Messe solle Schüler und Ausbildungsbetriebe näher zusammenrücken, schließlich hätten im vergangenen Jahr zahlreiche Stellen nicht besetzt werden können. Dass unter den Ausstellungsbetrieben vorwiegend Firmen aus der Region vertreten waren, sieht Fridrich als starkes Zeichen: „Jeder kann hier einen Ort finden, an dem er gut ausgebildet wird.“


Neu in diesem Jahr ist ein Leitsystem, das Schüler und Betriebe noch effizienter zusammenführen soll. Am Eingang können sich die Besucher farbige Aufkleber nehmen und sichtbar an ihrer Kleidung anbringen. Die sechs verschiedenen Farben kennzeichnen, wofür sich die Schüler interessieren: Kreativberufe und Öffentlicher Dienst, Handwerk und IT, technische und kaufmännische Berufe.
Der 21-jährige Jan Bruder und der 35-jährige Kevin Krauß finden das System gut, ein paar Mal seien sie schon angesprochen worden. „So sehen die Firmen direkt, wer interessiert ist. Und wir können auch sehen, was die Firmen anbieten“, sagt Krauß. Sie sind spontan zur Messe gekommen. Worüber sie sich informieren wollten? „Es soll etwas in Richtung Systemintegration oder Digitalisierungsmanagement werden“, sagt Bruder. Festlegen wollen sie sich aber nicht, der Zwischenstopp beim Stand des Zolls sei auch sehr interessant gewesen.
Um die Besucher zu locken, haben sich die rund 95 Aussteller einiges einfallen lassen. Ob Popcorn, Glücksrad, Geschicklichkeitsspiele oder VR-Brillen – die Unternehmen zogen alle Register. Etwas abseits vom Trubel hat auch das Restaurant Belsers aus Nürtingen einen Stand. „Wir sind heute zum ersten Mal hier“, sagt Lydia Belser, die im kommenden Ausbildungsjahr vier Plätze anbietet. Viel los sei bisher nicht. „Ich habe aber den Eindruck, dass die Schüler wirklich interessiert an den Ständen nachfragen.“

Und in der Tat: Just in dem Moment kommt eine Gruppe Jugendlicher und informiert sich beim Chef Christer Belser über Arbeitszeiten und mögliche Ausbildungen. Draußen vor der Stadthalle sind eindrucksvolle Maschinen im Einsatz.

Vorbereitung auf die Berufswelt

Das DRK und die Malteser stellen ihre Rettungsfahrzeuge auf und zeigen, wie man Liegen richtig im Fahrzeug befestigt. Nur wenige Meter entfernt sitzt ein Jugendlicher in einem Bagger und wird von seinen Freunden angefeuert. Konzentriert versucht er, mit dem Baggerarm ein Metallrohr in eine Pylone zu manövrieren.
Die Lehrerinnen Carmen Oechsner und Iris Grimm unterrichten an der Philipp-Matthäus-Hahn-Schule und sind bereits zum dritten Mal auf der Messe zu Besuch. Sie bereiten Schüler im Alter von 15 bis 19 Jahren auf die Berufswelt vor. Von der Messe verspricht sich Oechsner viel: „Die Messe erweitert bei unseren Schülern den Horizont auf die Berufsfelder.“ Analog unterrichtet ihre Kollegin Grimm Jugendliche mit keinen oder geringen Deutschkenntnissen. Gerade ist der Unterrichtsstoff „Berufswelten“ an der Reihe „Die Messe ist ein niederschwelliges und breites Angebot. Das tut unseren Schülern sehr gut“, findet Oechsner.

Von Julian Baum

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