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Bodypackern auf der Spur

Karl-Heinz Tewes und Thomas Seemann sind Zollbeamte aus zwei Generationen. Ihre Aufgaben am Stuttgarter Flughafen sind vielfältig. In Globalisierungszeiten sind Markenpiraterie und gefälschte Medikamente bei den Kontrollen an der Tagesordnung.

Zigaretten, Aschenbecher aus Alligatorenköpfen und gefälschte Markenturnschuhe: Verbotene Schmugglerware gehört zum Alltag der Zollbeamten am Stuttgarter Flughafen. Der 66-jährige Karl-Heinz Tewes hat in seiner fast 50-jährigen Berufslaufbahn vieles erlebt. „In den vergangenen Jahren wurden sogenannte Bodypacker verstärkt zum Problem“, sagt sein 46-jähriger Kollege Thomas Seemann. Das sind Schmuggler, die Drogen im eigenen Körper transportieren.
Wie lassen sich solche Straftäter aufspüren? „Man entwickelt ein Gespür dafür, wer sich verdächtig verhält“, sagt Tewes. Da brauche man Feingefühl. Er hat vor Jahren einen jungen Mann aus Südamerika abgefertigt, der vorgab, ein Priester zu sein. „Vier oder fünf gezielte Nachfragen“, erinnert sich Tewes, „da war mir klar, dass das kein Theologe sein kann.“ Als der Mann ins Krankenhaus gebracht wurde, stellte sich heraus, dass er tatsächlich Schmuggelware im Körper hatte. Die Zollbeamten bleiben in solchen Fällen dabei, bis die meist in Plastik verpackten Drogen auf natürlichem Wege ausgeschieden werden. „Auch das gehört zu unserer Arbeit“, sagt Seemann. „Solche Einsätze sind hart.“

Nicht provozieren lassen, ruhig ermitteln
Der Zollbeamte Thomas Seemann hat den vielseitigen Beruf unter anderem bei Karl-Heinz Tewes gelernt. In der Lehrzeit sei es dem erfahrenen Beamten zunächst gelungen, ihn aus der Fassung zu bringen. Das habe sich später geändert. „Sich nicht provozieren lassen, ruhig und sachlich ermitteln“, das hat Seemann von älteren Kollegen wie Tewes gelernt. Denn gerade bei den Zollkontrollen versuchten viele Straftäter, die Beamten abzulenken oder mit aggressivem Verhalten aus der Reserve zu locken. „Und Schmuggler sind erfinderisch“, sagt Seemann.
Wie hat sich die Arbeit beim Zoll in den vergangenen Jahrzehnten gewandelt? „Die Aufgaben sind vielschichtiger geworden“, meint der Senior Tewes, der kürzlich seinen Ruhestand angetreten hat. In den 1970er-Jahren hat er seine Ausbildung an der Zollschule gemacht, war dann zunächst an der deutsch-niederländischen Grenze eingesetzt. „Man erinnert sich heute kaum noch daran, dass es diese Barrieren innerhalb Europas gab.“ Durch die offenen Grenzen in Europa aber sind die Netzwerke der Schmuggler aus seiner Sicht globaler geworden. Gerade an Flughäfen liefen da Fäden zusammen.
In der Asservatenkammer des Stuttgarter Zollamts am Flughafen gegenüber dem Skyland zeigen Tewes und Seemann, der heute der Pressesprecher des Zollamts ist, Besuchergruppen und Fluggästen regelmäßig, was sie bei ihren Kontrollen sichergestellt haben. Der Schauraum wird für Gruppen und Führungen geöffnet. Der Lederkoffer mit Köpfen getöteter Alligatoren erschreckt nicht nur Kinder. „Das sind klare Verstöße gegen das Artenschutzgesetz“, sagt Thomas Seemann. Auf der ganzen Welt sterben nach seinen Worten Tier- oder Pflanzenarten aus. „Unsere Aufgabe ist es, diese zu schützen.“ Die meisten Verstöße gegen die Artenschutzbestimmungen werden nach seinen Worten von Urlauberinnen und Urlaubern begangen. „Da ist auch Unwissenheit im Spiel.“ Korallenschmuck, Papageienfedern oder Gürtel aus Schlangenleder bringen Reisende aus exotischen Ländern mit, ohne zu wissen, dass sie sich dabei strafbar machen. Deshalb setzt der Zoll gerade in diesem Bereich bundesweit auf Prävention.
Wer gefälschte Medikamente im Ausland kauft und einführt, macht sich nicht nur strafbar. „Oft sind diese Medikamente völlig wirkungslos und gefährden so die Gesundheit“, sagt Karl-Heinz Tewes. Wer wiederum gefälschte Markenschuhe im Ausland kauft, mache sich zwar nicht strafbar: „Aber meist sind diese Produkte von schlechterer Qualität.“ Dem Zollbeamten ist es ein Anliegen, die Reisenden über diese Risiken aufzuklären.

Es geht um viel Geld
Um Straftaten aufzuklären, arbeiten die Zollbeamten am Flughafen eng mit der Staatsanwaltschaft zusammen. Das gründliche Ermitteln ist es, was die Männer aus zwei Generationen am Beruf reizt. „Da geht es um sehr viel Geld“, sagt Thomas Seemann. Im Jahr 2022 wurden in Deutschland 1756 Steuerstrafverfahren gegen Reisende eingeleitet. Dabei wurde ein Steuerschaden von rund zwei Millionen Euro verhindert. Auch die Kontrolle von Schwarzarbeit, etwa auf Baustellen, gehört zum Aufgabenbereich.
Was gibt Karl-Heinz Tewes seinen jungen Kolleginnen und Kollegen mit auf den Weg? „Eine gute Menschenkenntnis zu entwickeln, das ist wichtig“, sagt er. (eli)

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