Nach Lichtenwald und Aichwald votiert auch der Gemeinderat in Baltmannsweiler gegen die Pläne der Region auf dem Schurwald.
Auf dem Schurwald soll es möglichst keine weiteren Windkraftanlagen geben. So sieht es die große Mehrheit des Gemeinderats Baltmannsweiler, der die Pläne des Verbands Region Stuttgart in seiner Sitzung Ende Januar weitgehend abgelehnt hat. Im Dezember hatte sich bereits die Nachbargemeinde Lichtenwald gegen die Ausweisung neuer Standorte für Windräder gestellt, während Aichwald den Windkraftausbau in der hochverdichteten Region Stuttgart kritisch bewertet und Plochingen Windräder an seiner nordöstlichen Gemarkungsgrenze ausdrücklich begrüßt. Auf den Fildern hat die Kommune Filderstadt dem Standort Uhlbergturm eine Absage erteilt.
Warnung vor dem Sankt-Florians-Prinzip
In Baltmannsweiler geriet die Debatte um Sinn oder Unsinn von Windkraftstandorten zu einem Schlagabtausch David gegen Goliath. Auf der einen Seite drei grüne Gemeinderäte, die sich für gezielt platzierte Windräder auch auf dem Schurwald im Dienst der Energiewende aussprachen und vor dem Sankt-Florians-Prinzip warnten. Auf der anderen Seite die Verwaltung, die Fraktionen von CDU, Freien Wählern, die SPD sowie Neue Freie Liste, Unabhängige Bürger und die Wählervereinigung Baltmannsweiler-Hohengehren, deren Beiträge von der zahlreich erschienenen Bürgerschaft überwiegend beklatscht wurden.
Die große Mehrheit des Gemeinderats folgte einem interfraktionellen Antrag, den maßgeblich die CDU-Fraktion auf Basis der Verwaltungsvorlage erarbeitet hatte, während die drei grünen Räte mit Nein stimmten. Der Antrag fordert den Regionalverband auf, die vier Standorte südwestlich von Baltmannsweiler mit der Bezeichnung ES-01 aufzugeben. Eine unerwünschte Galeriebildung zusammen mit den drei bestehenden Anlagen und weiteren potenziellen Standorten in der Nähe des Goldbodens (RM-34), Eingriffe in den Mischwald, das Landschaftsschutzgebiet, die Kollision mit der geplanten unterirdischen Süddeutschen Gasleitung sowie die Sorge vor Schattenschlag und Lärm wurden geltend gemacht. RM-34 erstreckt sich in Nord-Südrichtung zwischen Hohengehren und Thomashardt auf der westlichen und Schlichten (Rems-Murr-Kreis) auf der östlichen Seite.
Die Grünen hatten die Halbierung der ES-01-Standorte mit Rücksicht auf das Wochenendhausgebiet Buchwiesen vorgeschlagen sowie einen westlicher gelegenen neuen Standort an der Landesstraße. Sie erinnerten an finanzielle Vorteile für die Kommune mittels Pacht, Gewerbesteuer und Beteiligung.
Entschieden wurde ferner, das bereits bestehende Planungsgebiet RM-34 am Goldboden mit besagten bestehenden Windkraftanlagen, solle nicht vergrößert werden. Als Argumente wurden aufgeführt eine „industrielle Überformung der Landschaft“, die drohende „Zerstörung des Schurwalds als wichtigem Natur- und Erholungsraum für den Mittleren Neckarraum“, grenzwertige Windverhältnisse sowie der Schutz von Rotmilan, Wespenbussard und Fledermäusen. Der Regionalverband will dort weitere potenzielle Standorte für Windräder ausweisen und die Fläche auf 103 Hektar vergrößern.
Jede Anlage muss genehmigt werden
Schmid betonte, das Votum des Gemeinderats bedeute keine komplette Verhinderung von Windkraft auf dem Schurwald. Sonst hätte man sagen müssen, alle Vorranggebiete dort müssten weg. Man habe damit eine Stellungnahme abgegeben wie es in diesem Verfahren übrigens dankenswerterweise jeder Bürger und jede Bürgerin tun könne. Es gehe jetzt um Entwürfe. In den Vorranggebieten werde nicht einfach gebaut, sondern es brauche für jede geplante Anlage ein extra Genehmigung.
Auch von Göppinger Seite formiert sich Widerstand gegen neue Windräder auf dem Schurwald. Der Verein Mensch Natur hat vor wenigen Tagen beim Verband Region Stuttgart seine Stellungnahme mit der ablehnenden Haltung zu neuen Vorranggebieten bei Adelberg, Birenbach und Wäschenbeuren hinterlegt.
Beitrag zum Klimaschutz
Rechtslage: Der Landtag hat 2023 das Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsgesetz verabschiedet. Demnach müssen 1,8 Prozent der Landesfläche bis Ende September 2025 im Regionalplan für Windkraftanlagen vorgesehen werden. Grundlage ist ein Bundesgesetz. Der Verband Region Stuttgart hat dazu eine Teilfortschreibung des Regionalplanes eingeleitet, der Entwurf wurde im Oktober 2023 beschlossen. Jetzt sollen Kommunen und die Bürgerschaft Stellungnahmen abgeben. Informationen dazu findet man unter www.region-stuttgart. org/wind. Die Festlegung von Vorranggebieten bedeutet nicht, dass dort tatsächlich automatisch Windräder gebaut werden. Dafür braucht es stets erst einen Investor. Vielmehr gilt der Umkehrschluss, denn auf allen anderen Flächen dürfen keine Windräder entstehen.
Kritik: Gegner wie die Bürgerinitiativen Pro Schurwald und Baltimore warnen vor bis zu 300 Meter hohen Windrädern. Sie lehnen Windräder in Wald- und Landschaftsschutzgebieten ab und fordern mindestens drei Kilometer Abstand zwischen den Vorranggebieten. (com/hin)
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