Nürtingen

Moutainbiker dürfen auf einen Trail hoffen

Nach einem knappen negativen Beschluss vor eineinhalb Jahren gibt der Nürtinger Gemeinderatsausschuss nun doch grünes Licht, im Rahmen einer kreisweiten Projektgruppe eine Konzeption zu erarbeiten.

Mit dem Rad nicht nur in gleichmäßigem Rhythmus über Radwege und Straßen zu rollen, sondern auch unwegsames Gelände zu erkunden, erfreut sich zunehmender Beliebtheit. Auch wenn die Verkaufszahlen nach dem Rekord im Coronajahr 2020 sinken, sind geländegängige Fahrräder wie Trekking- und Mountainbikes weiter sehr beliebt. Dabei kommen die Radler immer wieder anderen Nutzern von Feld- und Waldwegen in die Quere, was umso riskanter werden kann, wenn die Räder mit elektrischer Unterstützung noch schneller werden. Der Landkreis erarbeitet seit 2021 eine Konzeption für ausgewiesene Touren und Trails, um solches Konfliktpotenzial zu entschärfen. Dazu ist die Beteiligung interessierter Kommunen gefragt, die Stadt Nürtingen hat sich aus diesem Planungsprozess jedoch vor eineinhalb Jahren verabschiedet. Die Entscheidung fiel damals bei Stimmengleichheit und zwei Enthaltungen denkbar knapp aus. Deshalb startete die Tourismusförderung der Stadt im Verwaltungs-, Finanz- und Wirtschaftsausschuss nun einen zweiten Versuch, bei nur zwei Gegenstimmen wurde entschieden, sich nun doch auf den Weg zu machen.

Noch vor der Initiative des Landkreises verfolgte Nürtingen gemeinsam mit Kirchheim die Idee, im Gebiet Talwald bei Reudern einen Trail anzubieten. Als Kooperationspartner für Nürtingen kam die sehr aktive Mountainbike-Abteilung des SV Reudern in Frage. Nürtingen schloss sich dann dem Planungsprozess der Projektgruppe des Landkreises an, die ein kreisweit zusammenhängendes Konzept ins Auge fasst. Nach dem negativen Beschluss des Gemeinderatsausschusses schien das Nürtinger Projekt jedoch gestorben. Nun strich die Nürtinger Tourismusförderin Madeleine Hummel nochmals die Vorteile heraus. Die Konzeption des Landkreises ziele auf eine Lenkungsfunktion ab. Das hatte auch Cordula Samuleit, die Leiterin des Kreisforstamts, schon früher hervorgehoben. Bei dem Konzept geht es auch darum, verschiedene Angebote der Kommunen zu längeren Streckenabschnitten zu vernetzen. Nach derzeitigem Planungsstand zeichnen sich Rundtouren auf einfach befestigten Wegen ab, die für sich oder in Kombination in unterschiedlichen Distanzen absolviert werden können. Aber auch die Wünsche von Mountainbikern nach einem etwas anspruchsvolleren Streckenprofil sollen zum Zuge kommen. So könnte es auf ein Angebot hinauslaufen, das Radlern, die das Naturerlebnis suchen, ebenso gerecht wird, wie Mountainbikern, die fahrerisch wie sportlich noch etwas anspruchsvollere Herausforderungen suchen.

Der Landkreis hat 150.000 Euro für die Planung und Umsetzung des Konzepts zur Verfügung, wofür er die Hälfte gefördert bekommt. Davon haben auch die beteiligten Kommunen Vorteile, von denen einige bereits konkretere Pläne haben. Noch bestehe die Möglichkeit für Nürtingen, wieder in das Projekt einzusteigen, betont Hummel. Zahlreiche Arbeitsschritte könnten dann über die vom Kreis zeitlich begrenzte 50-Prozent-Stelle abgewickelt beziehungsweise finanziert werden. Dazu zählt die Planung einer Strecke mit einem vom Kreis beauftragten Planungsbüro. Der Verlauf soll so gewählt werden, dass Prüfungsaufträge wie etwa für die Belange des Naturschutzes möglichst gering gehalten und nötigenfalls über das Gesamtprojekt finanziert werden. Auch die Begleitung der Vertreter des Forstes und des Naturschutzes ist gewährleistet. Außerdem wird die Ausschreibung und die Vergabe der Schilderproduktion durch das Gesamtprojekt abgedeckt.

Die Stadt müsse sich allerdings bereit erklären, die Kosten für die Instandhaltung der Route zu übernehmen, so Hummel. Jedoch seien keine größeren Aufbauten oder Hindernisse in den Trailabschnitten vorgesehen, weshalb keine größeren Kosten zu erwarten seien. Es könne jedoch kleinere Eingriffe geben, wie zum Beispiel Kurven zu formen, kleinere Hügel einzubauen oder einen Baum zu entfernen. Sollte dies nicht in Handarbeit, zum Beispiel durch Vereinsmitglieder, möglich sein und schwerere Gerätschaften gebraucht werden, sei die Kommune gefragt. Zwar könnte sich die Stadt womöglich noch später in die Konzeption einklinken, müsste dann aber für Planung und Finanzierung komplett selbst einstehen, gab Hummel zu bedenken.
Martin Auracher, der Leiter des Forstreviers Nürtingen, sieht in dem Vorhaben eine praktikable Möglichkeit, die Interessen verschiedener Nutzer im Wald unter einen Hut zu bringen. „Der Bedarf ist da, man sollte ein Angebot machen“, so der Förster. Mit bestimmten Öffnungszeiten, um zum Beispiel ab der Dämmerung Belangen des Wilds Rechnung zu tragen, und auch mit der Betreuung durch einen Verein seien andernorts bereits gute Erfahrungen gemacht worden. Die Bereitschaft, sich als Verein bei der Planung und Pflege einzubringen, erneuerte Oliver Felten, Mitglied im Vorstand des SV Reudern und dessen Rad-Abteilung. „Wir betreuen über 100 Kinder und Jugendliche, die meisten im Alter unter 14 Jahren, und erfüllen damit einen Bildungsauftrag.“ Man animiere zum Sport und habe dabei großen Zuspruch.

Zu den Skeptikern gehört die Fraktion der Freien Wähler. Für diese stellte Lars Kallfass den Antrag, den Tagesordnungspunkt zu vertagen, was jedoch keine Mehrheit fand. Kallfass hatte den Antrag mit der noch offenen Frage der Kosten begründet. Sein Fraktionskollege Michael Brodbeck kritisierte zudem: „Es wurde wohl mit vielen Gruppen gesprochen, nicht jedoch mit der Jägerschaft.“ Oberbürgermeister Johannes Fridrich erklärte, konkrete Kosten könnten erst benannt werden, wenn es einen Streckenverlauf gebe. Aber auch dann habe der Gemeinderat noch die Möglichkeit, von dem Projekt Abstand zu nehmen. Es gehe nun darum, der Projektgruppe die grundsätzliche Bereitschaft zu signalisieren, wieder in den Planungsprozess aufgenommen zu werden. Dabei sollen alle gehört werden, versprach Johannes Fridrich. Auch Felten bot eine uneingeschränkte Gesprächsbereitschaft an.

Die Zustimmung überwiegt

Andreas Deuschle befürwortete für die CDU eine weitere Planung: „Es wird vor allem auch etwas für die Jugend getan, positiv ist, dass ein Verein und die Vertreter des Forstes mit im Boot sind.“
Regine Glück (Nürtinger Liste/Grüne-Basis NT) merkte an: „Im Gegensatz zu den ersten Diskussionen hat sich die Ausgangslage verändert, nun geht es um eine Gesamtkonzeption, an der die unterschiedlichsten Fachleute mit ihren Erfahrungswerten beteiligt sind.“ Das Motto des Projekts, erlauben statt zu verbieten, sei der richtige Weg. Etwas skeptischer äußerte sich Pit Lohse (NT 14), der jedoch seine Zustimmung nicht versagen wollte. „Die Kosten und die Belange des Naturschutzes müssen klar herausgearbeitet werden“ betonte er. Jürgen Geißler (Liberale-Aktive Bürger-FWV) stellte fest: „Ein ausgewiesener Trail ist besser als Fahrten kreuz und quer durch den Wald.“ Michael Medla (SPD) dazu: „Der Trend ist da, wir müssen etwas ermöglichen, mit einem Verein, der dahinter steht, sind die Voraussetzungen gut.“ Das Positive überwog, gegen die Stimmen von Kallfass und Brodbeck gab der Ausschuss grünes Licht.

Text: Uwe Gottwald / Foto: Ralf Just

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