Die evangelische Stadtkirche in Plochingen ist fast fertig renoviert. Zur Wiedereröffnung gibt es am 23. Juni ein großes Fest.
So viel Licht! Wahrscheinlich war es noch nie so hell in der Plochinger Stadtkirche St. Blasius wie jetzt nach der Sanierung. Boden, Wände, Kirchenbänke, die Empore samt ihren Säulen und die Decke sind in einem leicht getönten Weiß gehalten, das die bisherigen Holztöne ablöst. Manche Gemeindeglieder, die mit dem alten Erscheinungsbild aufgewachsen sind, werden sich daran gewöhnen müssen. Aber die große Mehrheit freut sich sehr auf die Nutzung dieses freundlichen Gotteshauses, in dem, noch als halbe Baustelle, bereits die Konfirmationen und zwei Konzerte stattfanden.
Pfarrerin Karin Keck empfand die Stadtkirche bisher als „dunklen Raum“, der Architekt Norbert Behringer spricht von einem „dumpfen Eindruck“. Zum letzten Mal in den 1960er-Jahren saniert, fiel zuletzt immer wieder die Heizung aus, und „die Elektronik wackelte“, so Karin Keck. Mit der Innenraumsanierung hat man aber auch neu und barrierefrei gestaltet. Im vorher erhöhten Chorraum wurden mehr als 50 Zentimeter Höhe abgegraben, was eine der größeren Herausforderungen bei der Sanierung war, zumal man dabei auf Menschenknochen stieß. Diese wurden zunächst archäologisch gesichtet und dann mit einer kleinen Zeremonie wieder bestattet.
Auch das Denkmalamt hatte einiges mitzureden. Es forderte, die Kirchenbänke zumindest teilweise als Möblierung zu behalten, sie durften aber weiß gestrichen werden. Ebenso hat das Amt verfügt, dass der alte Kanzelfuß im Gotteshaus verbleibt. Er steht nun als dekoratives Element im hinteren Teil, denn eine Kanzel gibt es nicht mehr – gepredigt wird künftig auf Augenhöhe vom Ambo aus. Während der Altar bisher zentral im Chorbogen platziert war und dort mit dem Kruzifix eine Art Barriere bildete, wird der neue Altar dezentraler aufgestellt. Das knapp zwei Tonnen schwere Stück, gestaltet vom Esslinger Künstler Bernhard Huber, soll zudem beweglich sein. Mit seiner geschwungenen, blütenähnlichen Form lädt es dazu ein, sich rundum zu versammeln.
Bauchgrimmen verursachte manchen Gemeindegliedern, dass das Kruzifix nicht mehr im Zentrum hängen wird. An ihm hänge die Gemeinde sehr, sagt die Pfarrerin. Am neuen Platz an der Südwand der Kirche ist es aber gut sichtbar und empfängt die durch den Seiteneingang kommenden Besucher. Die Fresken um die Fenster und im Netzgewölbe des Chors wurden restauriert, ebenso die Bilder an der Empore.
Der Gemeinde ging es auch darum, die Kirche vielseitiger zu machen. So kann der freie Raum hinter den Bänken entweder bestuhlt oder für einen Stehempfang und ähnliches genutzt werden. Im Eingangsbereich ist nun eine Glastür, hinter der eine kleine Kinderspielecke eingerichtet wird, als Ausweichmöglichkeit für ganz junge Kirchenbesucher.
Die Stadtkirche, weithin sichtbar, sei nicht nur für Gemeindeglieder, sondern für ganz Plochingen „ein zentraler Ort“, sagt Pfarrerin Keck. Das zeige sich unter anderem daran, dass mehr als 30 Prozent der eingenommenen Spenden nicht aus der Kirchengemeinde selbst kamen. Allein für die Innenraumsanierung wurden bisher rund 475 000 Euro gesammelt. Erklärtes Ziel waren 540 000 Euro, wobei an einigen Stellen Kostensteigerungen zu verzeichnen sind. „Wir sammeln noch ein Jahr weiter“, sagt Gerhard Nölle, der sich vom Kirchengemeinderat aus der Finanzen annimmt.
Weiter gesammelt wird auch für die Orgel, bei der ebenfalls die Generalüberholung ansteht. Sie soll im Oktober wieder eingeweiht werden, für die Kirche selbst steigt am Sonntag, 23. Juni, ein großes Fest. (aia)
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