Eines der ältesten Gebäude in Lichtenwald ist aus dem 18. Jahrhundert. Bauherr war wohl ein wohlhabender Bauer. Nun ist es ein modernes Wohnhaus.
Das hohe Alter vieler Ortschaften im ländlichen Raum schlägt sich nicht zwingend auch im Gebäudebestand nieder. Oftmals sind in den vergangenen Jahrhunderten ganze Ortskerne niedergebrannt. In der Neuzeit verschwanden viele alte Gebäude, wurden abgerissen oder aber bis zur Unkenntlichkeit umgestaltet.
Ein markantes Fachwerkhaus im Schlichtener Weg im Lichtenwalder Ortsteil Thomashardt entging diesem Schicksal. Zwar ist nicht bekannt, ob es sich – neben der Kirche in Hegenlohe – tatsächlich um das älteste Gebäude in der Gemeinde handelt, immerhin jedoch ist es eines der wenigen Häuser, deren Alter und bauhistorische Einordnung definiert werden kann.
Nach den Ergebnissen einer dendrochronologischen Untersuchung der Balken wurde das Fachwerkhaus im Jahr 1755 als Wohnstallgebäude errichtet. Das bis auf ein kleines Gewölbe nicht unterkellerte Bauernhaus umfasste im Erdgeschoss rechts und links eines niedrigen Flurs, der sogenannten Stallgasse, Ställe für Kühe und Kleinvieh; im Obergeschoss war der Wohnraum für die Familie des Bauern und darüber bis unter das Dach Speicher.
„Ein typisches Schurwald-Bauernhaus“
„Es ist ein typisches Schurwald-Bauernhaus“, beschreibt Harald Petermann, mit seiner Frau Brigitte sowie Ute Hosch Eigentümer des Hauses. Im Jahr 1994 hatten die Familien Petermann und Hosch bei einer Rundfahrt durch den Kreis mit einem Sanierungsträger das Haus entdeckt. „Eigentlich war es nur abschreckend. Das Haus stand schon mehr als zehn Jahre leer, die Südseite war mit Eternitplatten verkleidet, das Fachwerk sah marode aus, alles war völlig runtergekommen“, erzählt Petermann. Doch der Sanierer habe sie vom Potenzial des Hauses überzeugt. „Und ich war sofort Feuer und Flamme“, sagt Ute Hosch. Kurze Zeit später war das Haus gekauft.
Das war die Rettung für das Gebäude. Es war zwar als Baudenkmal eingetragen, die Gemeinde wollte jedoch kein Geld für einen Erhalt in die Hand nehmen und liebäugelte mit einem Abriss. „Ein bisschen Fachwerk und alles furchtbar vergammelt“, wird der damalige Bürgermeister Karl Roos in einem Artikel im Amtsblatt im April 1992 zitiert.
Es dauerte rund drei Jahre, bis die Familien einziehen konnten. In der Zeit wurden das Fachwerk außen und die Gefache innen saniert, Wände und Dachflächen gedämmt, marode Balken getauscht, die Decken erneuert und die Böden mit neuen Dielen ausgestattet. Die einstigen Speicher ab dem zweiten Obergeschoss wurden zu einer Wohnung auf zwei Stockwerken umgebaut, die sich im oberen Teil bis zum First öffnet. Hinzu kamen Treppen, ein großer Balkon an der nicht denkmalgeschützten Nordseite, eine Heizung, Bad und Toiletten. „Es war eine Komplettsanierung“, berichtet Petermann und lobt dabei die „gute und problemlose Zusammenarbeit mit dem Denkmalamt“.
Bei den Bauarbeiten war zwar kein unter alten Dielen versteckter Schatz aufgetaucht, wie Brigitte Petermann bedauert, aber die Sanierung hielt einige Erkenntnisse über das bäuerliche Leben in vergangenen Jahrhunderten auf dem Schurwald parat.
So war der Wohnraum im Obergeschoss in zwei Bereiche aufgeteilt. Im südlichen standen dem Jungbauern und seiner Familie eine größere Wohnstube über dem Kuhstall als Fußbodenheizung und eine Schlafkammer zur Verfügung. Im nördlichen Teil hauste der Altbauer in zwei kleinen Kammern. Alle teilten sich eine Küche und ein Plumpsklo, das an die Westfassade gebaut war. Im Speicher ein Stockwerk höher lagen zwei Kammern für das Gesinde.
Es gibt keine rechten Winkel
„Es muss ein wohlhabender Bauer gewesen sein“, mutmaßt Ute Hosch angesichts der Größe des Hauses und der verbauten Materialien. Das Erdgeschoss ist massiv mit Sandsteinblöcken aufgemauert, in den Obergeschossen stießen die Sanierer neben Balken aus Tanne auch auf Eichenbalken, die wohl aus einem viel älteren Abbruchhaus stammen. „Die waren auch damals begehrt und sehr teuer“, sagt Harald Petermann. Die Dokumentation des Denkmalamts weist darüber hinaus auch Türblätter und schmiedeeiserne Beschläge aus, die teilweise deutlich älter sind als das Haus.
Im Denkmal zu wohnen, muss man wollen. „Man muss damit leben können, dass es keine rechten Winkel gibt. Auch die Raumhöhe ist so eine Sache, Möbel von der Stange passen nicht rein, auch mit einem Kronleuchter ist es schwierig“, sagt Petermann. Das Haus stehe nicht auf ebenem Grund, sondern neige sich um zehn Zentimeter gen Westen. Dies werde in den Räumen mit kleinen Stufen und Absätzen ausgeglichen. „Barrierearm ist es auch wegen der steilen Treppen nicht. Für das Alter ist es nichts, aber es hat Flair und sehr viel Charme.“ (pst)
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