Esslingen

Neues Outfit für eine Stilikone

An die Burg kommt es zwar nicht ganz heran, doch auch das Wasserhaus nahe dem Landratsamt ist ein Esslinger Wahrzeichen. Die Fußgängerbrücke wird gerade saniert. Bis Ende Juni soll die Generalüberholung abgeschlossen sein.

Schön und funktional – das war einmal. Seine Funktion als Hochwasserschutz hat das Wasserhaus in Esslingen längst eingebüßt. Heute ist das historische Bauwerk am Hammerkanal beim Landratsamt vor allem schön anzuschauen. Es wird sogar noch attraktiver gemacht: Seine Generalsanierung ist fast abgeschlossen. Bis Ende Juni sollen alle Restarbeiten erledigt sein.
Schmuck sieht es aus. Die Fachwerkfassade gibt dem Wasserhaus ein historisches Gepräge. Heute dient das Bauwerk nur noch als Brücke für Fußgänger über den Neckar. Früher sollte es die Innenstadt vor Hochwasser bewahren, weiß Heinz Springmann von dem beauftragten Architekturbüro. Im Jahr 1824 war es errichtet worden – als Reaktion auf verheerende Überschwemmungen in der City. Sechs „Fallen“ wurden eingebaut, um den Zufluss des Neckars in Richtung Altstadt und den Zulauf zu der innerstädtischen Kanallandschaft zu regulieren. Früher, so der Architekt, hätte dieser Mechanismus gut funktioniert. Heute seien die „Fallen“ nicht mehr im Einsatz. Die Wartung und der Unterhalt wären zu aufwendig.
Für diesen außer Betrieb gesetzten nostalgischen Hochwasserschutz soll es Ersatz geben. Die Stadt plane die Installation einer modernen, stationären Wehranlage im Neckar nahe einer der beiden Seiten des Wasserhauses, verrät Finanzbürgermeister Ingo Rust. Bei dem Starkregen im Sommer vergangenen Jahres habe die Stadt dank rechtzeitiger Vorwarnung einen provisorischen Damm aus dem Schuttmaterial eines Steinbruchs im Neckar nahe dem Landratsamt errichtet.
Diese Maßnahme habe vorzüglich funktioniert: „Und teuer war sie auch nicht.“ Nach den üppigen Regengüssen war der Damm wieder abgetragen worden. Doch seine Errichtung würde gut sechs Stunden dauern. Bei Hochwasser sei aber oft Eile geboten. Darum sei eine Wehranlage in Planung.

Das Dach wurde neu eingedeckt
Fast planmäßig verläuft die Sanierung des Wasserhauses. Im Mai sollte alles fertig sein – nun wird die Generalüberholung wohl Ende Juni beendet sein. Die Arbeiten am teilweise im Wasser des Neckars befindlichen Bauwerk waren herausfordernd, betont Architekt Springmann. Ziele seien eine bessere Stand- und Verkehrssicherheit sowie der dauerhafte Erhalt des Bauwerks gewesen. Das Dach, das seit der Erbauung nicht mehr erneuert worden war, wurde neu gedeckt. Die historischen Dachschindeln wurden von Moos befreit und gründlich gereinigt.
Ein Teil der Schindeln konnte wieder verwendet werden. Teilweise mussten aber auch neue Ziegel benutzt werden. Sie, so der Architekt, sind durch ihre helle, leuchtende Farbe leicht erkennbar. Aber die Neuen seien gut und bewusst auf dem Dach verteilt worden, sodass eine optisch harmonische Gesamtkomposition in Einklang mit den historischen Schindeln entstehen sollte. Parallel dazu wurden morsche Balken auf dem Dach ausgetauscht.
Die Holzkonstruktion als tragende Säule des Wasserhauses wurde ebenfalls erneuert. Teile der Balken waren im Neckar oder im nassen Boden jahrelang der Feuchtigkeit ausgesetzt, was ihnen nicht gut bekommen habe. Sie wurden durch neue Hölzer ersetzt. Zudem, so Heinz Springmann, habe sich das Bauwerk im Laufe zweier Jahrhunderte an manchen Stellen verformt. Die Rundungen im Gebälk wurden beibehalten als ein weiteres Zeugnis des historischen Charakters des Wasserhauses. Viel wurde getan. Ein wenig ist noch zu tun. Malerarbeiten, sagt Heinz Springmann, stünden noch an. Und der neue Handlauf müsse noch angebracht werden.
Das Wasserhaus – neben der Burg eine weitere Esslinger Stilikone – ist der Stadt als eines ihrer Wahrzeichen lieb und teuer. Etwa 900 000 Euro werden laut Architekturbüro in seine Erneuerung gesteckt. Ursprünglich waren nach Angaben der Stadt etwa 500 000 Euro veranschlagt gewesen, doch die Arbeiten hätten sich als aufwendiger erwiesen. Nach genaueren Untersuchungen habe sich gezeigt, dass der Zustand des Gebäudes schlechter gewesen sei als zuerst angenommen. Vom Land Baden-Württemberg gab es zu den Kosten einen Zuschuss in Höhe von 45 760 Euro aus der Denkmalförderung.
Bei der Scheckübergabe mit Andrea Lindlohr (Grüne), der Staatssekretärin im Stuttgarter Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen, kam auch die Frage nach einem Schutz des frisch sanierten Bauwerks gegen Vandalismus und Graffiti-Sprühereien auf. Eine künftige nächtliche Beleuchtung solle ungebetene Gäste fernhalten, meinten Bauverantwortliche. Nach der Fertigstellung des Neubaus des Landratsamtes in den Pulverwiesen in unmittelbarer Nachbarschaft werde wohl durch den Publikumsverkehr und die weitere Belebung zudem sozialer Druck auf mögliche Vandalen ausgeübt. (sw)

Kommentare sind deaktiviert.