Der österreichische Strabag-Konzern will die Flächen dem bisherigen Inhaber BPI abkaufen. Die Stadt hofft auf den zügigen Durchbruch für eine der größten Esslinger Innenstadtbrachen. Am 18. November soll der Gemeinderat entscheiden.
Matthias Klopfer muss sich ein wenig bremsen: „Ich finde, das ist ein großer Durchbruch“, sagt Esslingens Oberbürgermeister (SPD), um dann gleich wieder zu relativieren. Denn, ob es sich um einen Durchbruch handelt und in wenigen Monaten Bewegung auf die größte Innenstadtbrache kommt, das entscheidet der Gemeinderat. Was also versetzt den Rathauschef in solch positive Stimmung? Ein neuer Investor hat Interesse am Karstadt-Areal angemeldet. Ein Investor mit dem Willen und den Mitteln, dieses schnell zu entwickeln, so stellt es die Stadtverwaltung dar. Die Entscheidung, so Klopfers Hoffnung, soll bis Weihnachten fallen.
„Es besteht nun die Möglichkeit, dass die bauliche Entwicklung des Areals durch die Firma Strabag in veränderter Form realisiert wird“, heißt es in der Beschlussvorlage, über die im Gemeinderat am 18. November in erster Lesung gesprochen und am 16. Dezember beschlossen werden soll. Der österreichische Strabag-Konzern ist vor allem für seine Bauunternehmung bekannt. Auch die Stuttgarter Firma Züblin gehört zur Gruppe, die derzeit den Landratsamt-Neubau umsetzt.
Bisheriger Plan soll vereinfacht werden
Die Strabag Real Estate, die sich nun für das frühere Karstadt-Areal in Esslingen interessiert, ist Entwickler von Geschäfts- und Wohnimmobilien. In der Region war das Unternehmen Projektpartner beim Stuttgarter Milaneo. In Leonberg ist Strabag Real Estate Investor für das ehemalige Postareal, auf dem ein Quartier mit Gewerbe und Wohnen entstehen soll.
Dem Esslinger Projekt an der Ecke Bahnhof-/Martinstraße war erst im September 2023 unter dem aktuellen Eigner eine neue Baugenehmigung erteilt worden. Stattdessen bestünden bei BPI nun aber Verkaufsüberlegungen, heißt es in der Beschlussvorlage. Strabag hat wohl schon vor ein paar Monaten angeklopft. Seither arbeitete ein Team in der Stadtverwaltung intensiv daran, die baurechtlichen Grundlagen für den Gemeinderat zur Entscheidung vorzubereiten. Dass innerhalb eines halben Jahres das Projekt zur Entscheidungsreife gebracht worden sei, zeige, wie schlagkräftig die Verwaltung sei, lobt der OB seine Mannschaft. Mit Strabag gebe es ein professionelles Miteinander.
Vom Tisch wäre ein Umzug der VHS
Klopfer zufolge legt der potenzielle Investor viel Pragmatismus an den Tag. Nach Vorschlag von Strabag soll der bisherige Plan vereinfacht werden. Die wenigen Änderungen betreffen nicht die Neubebauung auf dem jetzigen Parkplatzgelände, für die mehrere Häuser mit bis zu 24,90 Meter Höhe und bis zu 140 Wohneinheiten sowie eine Tiefgarage vorgesehen sind. Sondern nur den Bestandsbau des früheren Warenhauses. Während BPI die Vorstellung hatte, dieses mit Wohnungen in sogenannten Townhouses aufzustocken, würde Strabag darauf verzichten, ebenso auf andere Finessen wie Lichthöfe. Darüber hinaus würde sich wenig ändern. Eine Änderung des Bebauungsplans sei nicht notwendig. Vom Tisch ist in diesem Konzept die Idee, die Volkshochschule im früheren Karstadtgebäude anzusiedeln.
Im Falle der Zustimmung durch den Gemeinderat hofft Strabag laut Klopfer, im Sommer 2025 mit der Realisierung beginnen zu können und alles 2028 fertigzustellen. Es handele sich um ein ambitioniertes Projekt mit Kosten im dreistelligen Millionenbereich, sagt der Oberbürgermeister. Doch sei Strabag ein finanzstarker Player: „Das ist zum Jahresende ein Zeichen, dass Esslingen ein guter Standort ist. Sonst würde Strabag das Projekt nicht angehen.“ Wie vielen falle ihm ein Stein vom Herzen, wenn es weitergehe. Eine Schlüsselimmobilie könne dann revitalisiert werden. Bevor die Kaufverträge unterzeichnet werden, muss aber der Gemeinderat entscheiden, ob er den Änderungen des Vorhaben- und Erschließungsplans des Vorhabenträgers und des Durchführungsvertrags zustimmt.
Die lange Geschichte des Projektes
2010er-Jahre: Der Parkplatz hinter dem ehemaligen Karstadt-Warenhaus ist der Stadt seit den 1980ern ein Dorn im Auge. 2012 ruft die US-amerikanische Carlyle-Gruppe, damalige Besitzerin des Parkplatzes, einen Ideenwettbewerb aus: ein neues Einkaufszentrum soll entstehen. Einem entsprechenden Bebauungsplan wird 2013 vom Gemeinderat zugestimmt (Baugenehmigung 2014). 2017 verkauft die Carlyle-Tochter CEREP an den luxemburgischen Investor BPI. Dem Projekt, das auch etwa 60 Wohnungen vorsieht, werden eine Baugenehmigung und der Name „Die Via“ erteilt. Die Fertigstellung ist für das Jahr 2019 geplant. Als Mieter sind unter anderen dm, Osiander und Aldi interessiert.
Die 2020er: Auf dem Areal sollen nun mehr Wohnungen (150 bis 160) und weniger Ladengeschäfte entstehen. 2021 wird ein neuer Bebauungsplan verabschiedet. 2022 kündigt BPI dem Mieter Karstadt. Dieser klagt. Im September 2023 wird eine Baugenehmigung erteilt. Weil der Warenhauskonzern in wirtschaftliche Schieflage gerät, schließt im Januar 2024 die Esslinger Karstadt-Filiale. (gg)
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