Die meisten Fraktionen im Plochinger Gemeinderat lehnen den Vorschlag der Offenen Grünen Liste ab – unter anderem, weil die Rechtslage noch unklar ist. Auch die Einführung eines Pfandsystems für Mehrwegessensverpackungen findet keine Mehrheit.
Vielen Menschen ist herumliegender Müll ein Dorn im Auge. Oft landen auch Essensverpackungen nicht in Abfalleimern, sondern in der Fußgängerzone auf dem Boden, im Sandkasten auf dem Spielplatz oder an einer Ampel neben der Straße. Die Plochinger Offene Grüne Liste (OGL) hat deshalb beantragt, eine Verpackungssteuer für diese Art von Müll einzuführen. Darüber hinaus hatten sich die Kommunalpolitiker ein Mehrwegsystem für die Gastronomie gewünscht. Doch aus beidem wird nun erst einmal nichts. Während seiner Sitzung Anfang Dezember hat der Ausschuss für Verwaltung und Wirtschaft den OGL-Antrag mehrheitlich abgelehnt.
Ein wichtiger Grund für die Ablehnung ist, dass die Verpackungssteuer noch Gegenstand laufender Gerichtsverfahren ist. „Die Städte sind in der Regel noch sehr zurückhaltend“, erklärte die Erste Beigeordnete Barbara Fetzer. Man wolle zunächst abwarten, wie die Rechtsprechung ausfalle. Andernfalls bestehe die Gefahr, dass man die Verpackungssteuer einführe und sie kurz darauf wieder abschaffen müsse. Ähnliches ist bereits vielen Kommunen mit der Wettbürosteuer passiert. Womöglich könne zu einem späteren Zeitpunkt ein neuer Anlauf genommen werden.
Tübinger Rechtsstreit noch nicht beendet
Im Antrag der OGL war die Einführung einer örtlichen Verpackungssteuer mit der Einführung des Pfandsystems verknüpft. Für die Einführung des Pfandsystems hätten die Gewerbetreibenden städtische Fördermittel bekommen sollen. Vorbild war die Stadt Tübingen, die im Jahr 2022 eine Verpackungssteuer eingeführt hat. Ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts hat die Tübinger Satzung für rechtmäßig erklärt. Einwegkaffeebecher und -geschirr werden beispielsweise mit 50 Cent besteuert. Trinkhalme und Eislöffel werden mit 20 Cent besteuert. Allerdings ist der Rechtsstreit noch nicht beendet. Die Betreiberin eines Fastfood-Restaurants ist bis vor das Bundesverfassungsgericht gezogen. Dort steht das Urteil noch aus.
Attraktiv in Zeiten klammer Haushalte
Andere Städte in Baden-Württemberg wollen das Urteil des Bundesverfassungsgerichts nicht abwarten: Seit diesem Jahr gibt es in Konstanz eine Verpackungssteuer, in Heidelberg wird derzeit ein Satzungsentwurf erarbeitet, wie der Sitzungsvorlage in Plochingen zu entnehmen war. Auch in Göppingen, Villingen-Schwenningen, Aalen, Waiblingen, Pforzheim, Mannheim, Karlsruhe, Friedrichshafen und Ravensburg wird die Einführung einer Verpackungssteuer geplant – was nicht zuletzt an den oft klammen kommunalen Haushalten liegt. Tübingen hat die neue Steuer im Jahr 2022 immerhin 950 000 Euro gebracht. Nicht eingerechnet ist dabei, welche Kosten für die nicht mehr so häufig notwendige Straßenreinigung eingespart werden.
Gleichzeitig steht der Steuer ein Verwaltungsaufwand gegenüber. In Tübingen wurden zwei Stellen in der Kämmerei geschaffen, die sich mit der Verpackungssteuer beschäftigen. In Plochingen kommt hinzu, dass das Hauptamt und die Kämmerei derzeit mit der Umsetzung der Grundsteuerreform beschäftigt sind und mehrere Wahlen bevorstehen, die den Ämtern Arbeit bescheren.
Bei den anderen Fraktionen stieß der OGL-Antrag überwiegend auf Ablehnung. Es werde vor allem mehr Bürokratie geschaffen, befürchtete Ralf Krasselt (CDU). „Uns überzeugt es nicht. Der Müll wird nicht weniger, die Preise werden höher“, erklärte er. Die SPD-Stadträtin Ulrike Sämann verwies auf die Anstrengungen der Sozialdemokraten für eine kreisweite Lösung. Plochingen alleine sei zu klein für eine eigenes Mehrwertsystem, vermutete sie. Die grundsätzliche Idee solle aber im Auge behalten werden. Das sah der Bürgermeister Frank Buß ähnlich. „Wir werden das Thema wieder auf die Tagesordnung setzen“, kündigte er an. (bra)
Die Stadt Tübingen macht es vor
Steuer: Einwegverpackungen wie etwa Kaffeebecher, Papp- oder Plastikbecher für Eis oder Pommessschalen werden in Tübingen mit 50 Cent besteuert. Einwegbesteck und Hilfsmittel wie Trinkhalme kosten 20 Cent. Auf Mehrwegverpackungen fällt keine Verpackungssteuer an.
Begründung: Die zunehmende Vermüllung der Stadt durch weggeworfene „To-go“- und „Take-away“-Verpackungen sei in den vergangenen Jahren zu einem unschönen und die Umwelt belastenden Problem geworden. So jedenfalls steht es in einer Begründung der Stadt Tübingen.
Ausnahmen: In Krankenhäusern, Senioren- und Pflegeheimen stellt die Essens- und Getränkeversorgung nur eine „untergeordnete“ Nebenleistung dar. Es ist in diesen Fällen nach Tübinger Lesart kein entgeltlicher Verkaufsakt im Sinne der Verpackungssteuersatzung gegeben. (jmf)
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