Nürtingen

In Not geratene Igel brauchen Hilfe

Elisabeth Heilemann, Igel-Expertin aus Wendlingen, gibt Tipps, was zu tun ist, wenn man herrenlose oder verletzte Igel oder Igelbabys findet. Vor allem im August und jetzt im September bringen Igel ihren Nachwuchs zu Welt.

Ein zufriedenes Schmatzen zeugt von Wohlempfinden. Die geöffneten Knopfaugen des Igelbabys leuchten, seine ganze Aufmerksamkeit ist auf die Pipette mit der Ersatzmilch gerichtet, an der es kräftig saugt. Mit gerade mal 60 bis 100 Gramm Körpergewicht und geschätzt zwischen zwei und drei Wochen alt, ist das Igelbaby auf fremde Hilfe angewiesen. Denn erst ab etwa sechs bis sieben Wochen, weiß Elisabeth Heilemann, sind Igel selbstständig. Werden sie anfangs von der Mutter gesäugt, ernähren sie sich mit fortschreitendem Alter von Insekten, Würmern, Schädlingen und Schnecken. Deshalb sollte man laut Heilemann „den Garten nicht so geschleckt aufräumen“, denn „der Igel ist ein nützliches Gartentier“.

Jetzt kommt die Zeit, in der man im Garten aufräumt und mitunter auf ein Igelnest mit Mutter und Jungen stößt. Wenn alles unversehrt erscheint, dann sollte man alles so belassen, wie man es vorgefunden hat, empfiehlt Heike Bauer, ehrenamtliche Igelfreundin. Wenn die Mutter sich nicht mehr sicher fühlt, dann nehme diese ihre Kinder und suche sich ein neues Domizil, weiß sie.

Das verwaiste Igelbaby hat noch zwei Geschwister

Im jetzigen Stadium muss das Igelbaby alle zwei bis drei Stunden gefüttert werden. Auch in der Nacht. Elisabeth Heilemann, die seit über 24 Jahren ehrenamtlich eine Igelstation betreut und auch mit dem Tierheim in Esslingen und dem Verein der Igelfreunde Stuttgart und Umgebung zusammenarbeitet, schläft gerade keine Nacht durch, sind doch noch zwei weitere von dieser Sorte auf die Versorgung durch die Igel-Expertin angewiesen und wollen gefüttert werden. Neben dem männlichen Igelchen gehören zwei weitere Geschwister, ein Bub und ein Mädchen dazu.

Zwischen Juli und September werden Igel geboren

So wie diesen drei hilflosen Igelbabys ergeht es jedes Jahr Tausenden von ihnen. Während viele Säuger und Vögel ihren Nachwuchs im Frühjahr bekommen, sind Juli bis September die Monate, in denen Igel geboren werden. Die drei Kleinen waren in einem Garten in Esslingen über den Rasen gelaufen, erzählt sie, die Mutter war nirgends aufzufinden. Über mehrere Ecken landeten die Igelbabys schließlich bei Elisabeth Heilemann in Wendlingen, die sich seither um sie liebevoll kümmert.

Je nachdem, in welchem Zustand man ein oder mehrere Igelbabys antrifft, sollte man handeln. Viele bringen sich in eine hilflose Lage, indem sie die Kellertreppe unabsichtlich hinunter plumpsen oder in Lichtschächte fallen, erzählt Elisabeth Heilemann und empfiehlt, hin und wieder an wenig frequentierten Orten nach dem Rechten zu sehen. Nicht alle, die herrenlos aufgefunden werden, sind allerdings auch ohne Mutter. Deshalb sollte man sich erst einmal überzeugen, dass das Junge nicht einfach so ausgebüxt ist. Am besten schaut man vorsichtig unter Gebüsch, Laubhaufen oder im Unterholz nach, ob sich die Mutter mit weiteren Igelbabys versteckt hält.

Falls die Kleinen tatsächlich ihre Mutter verloren haben und alleine sind, dann ist es wichtig, rät Elisabeth Heilemann, das Igelbaby schnell ins Warme zu bringen. Denn so ein Igelbaby ist rasch unterkühlt. Dazu gibt man am besten in einen Karton, eine Kiste oder Plastikwanne etwas zerknüllte Zeitung und obendrauf ein Handtuch. Mit einer darin eingewickelten Wärmeflasche wird dem kleinen stacheligen Racker dann schnell wieder warm.

Auch bei einem ausgewachsenen Igel, den man in Not findet, kann man mit den Ratschlägen nichts falsch machen.

„Am besten gibt man ihnen Wasser oder lauwarmen Fencheltee“, sagt die Wendlinger Igelschützerin über die weitere Erstversorgung. Mit einer Pipette oder Einmalspritze ist es einfacher, aber es geht auch, wenn man die Flüssigkeit vorsichtig tröpfchenweise einflößt, denn schwache Tiere können sich schnell verschlucken und ersticken.

Aber Hände weg von Milch, rät Elisabeth Heilemann. Igel vertragen sie nicht, dafür gibt es spezielle Ersatzmilch, die es beispielsweise beim Tierarzt gibt. Wer sich jedoch an die aufgeführten Versorgungsregeln hält, der hat fürs erste schon mal das Nötigste getan. Dann kann man sich in Ruhe nach einem Tierheim oder einer Auffangstation für Igel im Telefonbuch oder im Internet umsehen und Hilfe holen.

Damit die Verdauung klappt, müssen Igelbabys massiert werden

Nachdem die drei Igelbabys satt sind, beginnt Elisabeth Heilemann jedes einzeln zu massieren. Im Alter von wenigen Wochen brauchen die Igelbabys für die Verdauung noch Unterstützung. Beim Massieren von Bäuchlein, Geschlechtsorganen und After wird der Darm angeregt, sodass die Babys Urin und Kot absetzen können. Die Igelmutter macht das ähnlich, indem sie die Babys ableckt.

Eines ist Heilemann besonders wichtig: Nachdem Igel nachtaktive Tiere sind und sich am Abend auf Nahrungssuche begeben, sollte man nachts den Mähroboter in der Station lassen. Zu gefährlich sind solche Roboter, aber auch Tellersensen, für Igel. Immer wieder geraten sie ins Schneidewerkzeug und werden schlimm verletzt oder gar getötet. Das Problem: Igel flüchten bei Gefahr nicht, sondern rollen sich ein, weil sie denken, so sicher zu sein.

Jetzt, bei Trockenheit im Sommer, sind auch Igel (aber auch andere Tiere werden es danken) darauf angewiesen, ausreichend Wasser zu finden. Da können Gartenbesitzer nachhelfen, indem sie Wasser bereithalten. Das kann man, wie Elisabeth Heilemann sagt, in einen Topfuntersetzer oder eine niedrige Schüssel geben, und täglich erneuern.

Kontaktdaten: Nottelefon Igelstation in Wendlingen (07024) 467975.

(Gaby Kiedaisch)

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