Neckar Schurwald

Hauptsache, es bleibt eine Arztpraxis am Ort

Mit teils reduzierten Öffnungszeiten macht sich auf dem Schurwald der Ärztemangel bemerkbar. Die Gemeinden suchen nach Strategien.

Die Hausarztpraxis in der Kürze Gasse in Baltmannsweiler-Hohengehren besteht schon seit Jahrzehnten. Mihaela Petrea hat sie 2011 von ihrem Vorgänger übernommen. Das war damals eine Chance für die Ärztin, die noch nicht lange in Deutschland lebte. Seit Jahresbeginn hat sie nun auch in Stuttgart eine eigene Praxis. Sie habe schon immer in der Stadt arbeiten wollen, sagt sie. Nach eingehender Beratung mit der Kassenärztlichen Vereinigung, der Gemeindeverwaltung Baltmannsweiler und weiteren Ärzten wird sie aber auch weiterhin an drei Nachmittagen die Woche in Hohengehren tätig sein. Denn ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin hätten sich trotz längerer Bemühungen nicht gefunden, sagt die Ärztin. Es habe zwar Interessenten gegeben, aber letztlich sei kein Vertrag zustande gekommen.
Die „Zweigpraxis“ mit den drei Nachmittagen hält Petrea aber für eine durchaus praktikable Lösung. Auch die Gemeindeverwaltung stuft damit die ärztliche Versorgung als gesichert ein, zumal andere Ärzte in der Nachbarschaft zugesagt hätten, bei Bedarf Patienten neu aufzunehmen. Einer von ihnen ist Tobias Stollwerck im Ortsteil Baltmannsweiler. Er hat 2020 in der Seestraße neu gebaut und praktiziert dort in barrierefrei zugänglichen Räumen. Die Gemeinde habe das durch die Schaffung von Baurecht und Infrastruktur unterstützt, sagt der Bürgermeister Simon Schmid. Auch würden, während der Öffnungszeiten der Praxis, „öffentliche Stellplätze zur Verfügung gestellt“.
Die ärztliche Versorgung zu sichern, sei grundsätzlich eine „riesige Herausforderung“, sagt Schmid. Um diese zu meistern, müsse sich die Gemeinde eng mit den Ärzten vor Ort abstimmen und Strategien in der Gemeindeplanung entwickeln. Als konkretes Beispiel nennt er die bisherigen Feuerwehrareale, die nach dem Umzug der Ortsteil-Feuerwehren in eine gemeinsame Zentrale entwickelt werden sollen – einschließlich einer „gemeinwohlorientierten Nutzung“.
In Aichwald haben solche Überlegungen schon früh stattgefunden und 2015 zur Eröffnung eines Ärztehauses in Schanbach geführt. Damit habe man Bedingungen schaffen wollen, die Gemeinschaftspraxen möglich machen, erklärt der langjährige Hauptamtsleiter Stefan Felchle. Denn dieses Modell ist für viele Ärzte und Ärztinnen attraktiver als die Einzelpraxis. Weil es in Aichwald schwierig gewesen sei, „im Bestand geeignete Räume zu finden“, habe sich die Gemeinde entschlossen, selbst neu zu bauen. Dadurch könne sie nun auch zu einem Preis vermieten, der für die Mediziner wirtschaftlich interessant ist.
Tatsächlich ist heute eine Gemeinschaftspraxis mit zwei Ärztinnen in dem Gebäude angesiedelt, ebenso eine Zahnarztpraxis. Eine weitere Arzt- und eine weitere Zahnarztpraxis sind in Aichelberg beziehungsweise Aichschieß zu finden. Insofern habe man das Ziel erreicht, die Versorgung sei derzeit „gut und gesichert“, sagt Felchle.
In Lichtenwald hat die Arztpraxis als Außenstelle einer Schorndorfer Praxis noch neun Stunden die Woche geöffnet. Ob das in Zukunft so bleibt oder ob eventuell gemeinsame Sache mit einem medizinischen Versorgungszentrum in Reichenbach – dessen Machbarkeit gerade geprüft wird – gemacht wird, ist noch offen. Das Wichtigste sei, so der Lichtenwalder Bürgermeister Ferdinand Rentschler, dass ein Arzt vor Ort bleibe. (aia)

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