Ein zweijähriger Verkehrsversuch in Oberesslingen gilt als erfolgreich. Jetzt soll die Fahrradzone optimiert und dauerhaft eingerichtet werden – wenn auch nicht im gesamten Versuchsgebiet. Zudem wird die Fahrradstraße auf mehr als drei Kilometer verlängert.
Radfahrer dürfen nebeneinander fahren, sie dürfen von anderen Fahrzeugen weder gefährdet noch behindert werden und es gilt maximal Tempo 30: Das sind die entscheidenden Regeln in einer Fahrradzone. Zwei Jahre lang wurden diese in einem Gebiet östlich der Schorndorfer Straße in Oberesslingen getestet – mit Erfolg. Deshalb soll die Fahrradzone jetzt in einem Teil des Gebiets dauerhaft eingerichtet werden. Auch eine weitere Verlängerung der Fahrradstraße ist geplant.
Mit der Einrichtung von Fahrradzonen soll der Radverkehr sicherer und attraktiver werden – unter anderem dadurch, dass er besser sichtbar gemacht wird und Tempolimits eingeführt werden. Daraus soll sich dann auch eine Verbesserung des Fußverkehrs ergeben und somit insgesamt mehr Sicherheit für Verkehrsteilnehmer, insbesondere auf Schulwegen. Prinzipiell sind auch andere Fahrzeuge in Fahrradzonen erlaubt, sie müssen dem Radverkehr jedoch Vorrang gewähren und im Zweifelsfall noch langsamer fahren als erlaubt.
Diese Ziele sind laut Stadtverwaltung beim Verkehrsversuch in Oberesslingen erreicht worden. Verkehrszählungen vor und nach der Einrichtung der Fahrradzone sowie eine Evaluation und Befragungen im Anschluss an den Versuch hätten ergeben, dass die Fahrradzone als positiv wahrgenommen werde und den Radverkehr dort attraktiver gemacht habe, während sich für den Fußverkehr kaum etwas verändert habe. Rund 80 Prozent der Befragten – darunter auch Personen, die selbst nicht Fahrrad fahren – hätten sich für die dauerhafte Einrichtung einer Fahrradzone ausgesprochen.
Allerdings gibt es offenbar auch Verbesserungsbedarf. So seien vor allem Konflikte zwischen Auto- und Radverkehr kritisiert worden, unter anderem angesichts unübersichtlicher und enger Bereiche, unklarer Vorfahrtsverhältnisse, des störenden Durchgangsverkehrs sowie der vielen parkenden Autos. Auch mangelnde Markierungen und Beschilderungen sowie die Notwendigkeit einer Entschleunigung des Verkehrs vor dem Theodor-Heuss-Gymnasium (THG) und der Realschule Oberesslingen (RSO) wurden laut Teresa Engel, Leiterin der städtischen Stabsstelle Mobilität, moniert.
Konflikte in der Breslauer Straße
„In der Breslauer Straße werden die Konflikte am stärksten wahrgenommen“, berichtete Engel im Mobilitätsausschuss. Dem wolle man mit baulichen Veränderungen entgegenwirken. Was genau in Angriff genommen werden soll, werde derzeit im Rathaus besprochen. Bis dahin solle die Fahrradzone wie gehabt in der Breslauer Straße und ihren Nebenstraßen bestehen bleiben.
Anders in der Gartenstadt. Dort sei die Situation beim Verkehrsversuch zwar am positivsten wahrgenommen worden, so Engel – und das, obwohl dort gar keine baulichen Veränderungen vorgenommen worden seien. Doch weil dort ohnehin nur sehr wenige Konflikte zwischen Auto- und Radverkehr zu verzeichnen seien und bestimmte Merkmale einer Fahrradzone wie etwa die Möglichkeit, dass Radler nebeneinander fahren dürfen, gar nicht umgesetzt werden könnten, solle die Gartenstadt nicht dauerhaft als Fahrradzone ausgewiesen werden, erklärte Teresa Engel.
Zusätzlich zur dauerhaften Einrichtung der Fahrradzone soll die Fahrradstraße weiter verlängert werden. Eine Erweiterung der Fahrradstraße in der Hindenburgstraße über die Schorndorfer Straße hinweg bis zur Kreuzung von Weiherstraße und Breslauer Straße war ohnehin schon beschlossene Sache. Jetzt hat der Mobilitätsausschuss eine weitere Verlängerung über die Landhausstraße bis zur Alten Heusteige beschlossen. Damit wird die Fahrradstraße laut Engel künftig von der Entengrabenstraße bis zum Ende der Alten Heusteige an der Hauptstraße rund 3,1 Kilometer lang sein.
Aus den Reihen der Stadträtinnen und Stadträte kam in der Ausschusssitzung vor allem viel Lob für das Projekt, wenngleich manch einer nicht goutierte, dass die Gartenstadt nicht weiter zur Fahrradzone gehören soll. Zudem kritisierte der CDU-Fraktionschef Tim Hauser eine zu dünne Datengrundlage – und enthielt sich bei der Entscheidung. Für Diskussionen sorgte vor allem die Situation in der Breslauer Straße, insbesondere vor den beiden Schulen dort: „Die Breslauer Straße ist der Knackpunkt bei dem Projekt“, sagte etwa SPD-Rätin Heidi Bär. Tobias Hardt, Fraktionschef der Linken, schlug vor zu prüfen, wie man verhindern könnte, dass die sogenannten Elterntaxis mit Schulkindern in die Breslauer Straße fahren. Gleichwohl wurden die dauerhafte Einrichtung der Fahrradzone sowie die Verlängerung der Fahrradstraße mit großer Mehrheit beschlossen – wann genau das Projekt umgesetzt wird, ist aber offenbar noch unklar.
In Fahrradzonen gilt Tempo 30
Regelung: Seit der Novellierung der Straßenverkehrsordnung im April 2020 können Kommunen Fahrradzonen ausweisen. Dabei handelt es sich um ein Netz aus Fahrradstraßen, die von anderen Fahrzeugen genutzt werden dürfen, wenn dies entsprechend gekennzeichnet ist. In Fahrradzonen gilt eine Höchstgeschwindigkeit von Tempo 30, der Radverkehr darf weder gefährdet noch behindert werden und das Nebeneinanderfahren von Fahrrädern ist erlaubt.
Umsetzung: Im Dezember 2021 wurde in Oberesslingen im Gebiet der Gartenstadt südlich der Landhausstraße sowie in der Breslauer Straße mit ihren Nebenstraßen eine Fahrradzone als Verkehrsversuch für zwei Jahre eingerichtet. In der Gartenstadt soll sie künftig nicht mehr gelten, weil dort nicht alle Vorgaben erfüllt werden können. In der Breslauer Straße, der Danziger Straße, der Banatstraße, der Karlsbader Straße und der Brünner Straße soll die Fahrradzone hingegen dauerhaft eingerichtet werden. (meb)
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