Seit September 2023 beunruhigt eine Brandserie im Reichenbacher Westen die Menschen. Die Pächter in der dortigen Kleingartenanlage leben in Angst. Die Polizei rechtfertigt ihr Vorgehen.
Seit rund eineinhalb Jahren verunsichert eine bis heute ungeklärte Brandserie die Menschen in Reichenbach und hält die Feuerwehr in Atem. Betroffen ist vor allem das westliche Gemeindegebiet, wo die Kleingartenanlage am TV-Heim, die benachbarten Wohnstraßen, aber auch das Reichenbacher Schulzentrum immer wieder zum Schauplatz von Bränden werden. In vielen Fällen geht die Polizei von Brandstiftung aus.
Der bisher folgenschwerste Brand im Reichenbacher Westen ereignete sich am 10. Mai 2024. Damals wurde die Feuerwehr gegen drei Uhr nachts in die Tiefgarage eines Mehrfamilienhauses in der Neuwiesenstraße gerufen, wo mehrere Fahrzeuge brannten. Der dabei entstandene Sachschaden in Höhe von rund 500 000 Euro übertrifft alle anderen Fälle.
Der oder die mutmaßlichen Verursacher der Brände sind allerdings trotz mehrfacher Fahndung mit Hubschrauberunterstützung bis heute nicht gefasst, obwohl die Polizei regelmäßig um Zeugenhinweise bittet und zuletzt sogar Fahndungsfotos von drei mutmaßlichen Tätern veröffentlicht hat. Zumindest auf einem der Fotos ist recht gut ein junger Mann zu erkennen. Ob er etwas mit den Bränden zu tun hat, ist allerdings noch nicht klar. Die Aufnahmen stammen von privaten Kameras, die in der Kleingartenanlage montiert worden sind.
Jede Nacht in Sorge
Von großen Sorgen und Verunsicherung berichten mehrere Pächter, die in dieser Kleingartenanlage an der Neuwiesenstraße ihre Stückle bewirtschaften. Er sei sehr aufgeregt und nervös und jede Nacht in Sorge, besonders, wenn er nachts einen lauten Knall höre, erklärt ein Pächter, der seinen Namen aus Angst um seine bisher unversehrte Gartenhütte nicht in der Zeitung lesen möchte.
Tatsächlich bringt auch das für den Kreis Esslingen zuständige Polizeipräsidium Reutlingen Knallgeräusche mit ungeklärten Bränden in Verbindung. Wie beispielsweise beim bislang letzten Brand, der sich in Reichenbach am 30. Dezember 2024 ereignete. An dem Montagabend geriet eine Gartenhütte in der besagten Kleingartenanlage in Brand.
Die Fahndungsaufrufe hängen an mehreren Stellen in der Gemeinde aus, auch im Schulzentrum. Und auf ihrer Homepage hat die Reichenbacher Verwaltung den entsprechenden Aufruf mit einem Link veröffentlicht, der auf die Seite des Polizeipräsidiums Reutlingen führt. Überall sind dort die drei nicht ganz scharfen Schwarz-Weiß-Aufnahmen zu sehen, die laut Polizei „drei unbekannte, männliche Personen“ zeigen.
Nach dieser Öffentlichkeitsfahndung seien einige Hinweise eingegangen, die derzeit noch abgearbeitet werden, erklärt ein Polizeisprecher, der um Verständnis bittet, dass zu den laufenden Ermittlungen „derzeit keine Auskünfte“ gegeben werden könnten. Die Polizei beschäftige vor allem auch die Frage, ob es sich bei den Bränden um Brandstiftung in Serie handelt. Ein Anlieger fordert, die Polizei solle mit mehr Nachdruck ermitteln. Vor einiger Zeit habe er auf seinem Grundstück auffällige Utensilien wie Kerzen, Lappen und ein Gasfeuerzeug gefunden und die Polizei gebeten, den möglichen Nutzern eine Falle zu stellen. Die Polizei habe das mit dem Hinweis abgelehnt, es werde keine Nachtwache geben. Die Utensilien wurden konfisziert. Allerdings sei es für Brandstifter ein Leichtes, in der Kleingartenanlage Feuer zu legen, behauptet der Anlieger. Und bis es richtig brenne, könne der Brandstifter in aller Ruhe verschwinden, zumal die nur teilweise genutzte Anlage mit ihren Brachen und schmalen Wegen sehr unübersichtlich sei.
Auf die Frage nach dem Ermittlungsdruck antwortete ein Polizeisprecher, in die Ermittlungen der Reichenbacher Fälle seien mehrere Beamtinnen und Beamte eingebunden und man arbeite weiter mit Hochdruck an der Klärung der Vorfälle. Brandermittlungen seien immer sehr zeit- und personalintensiv: „Die Polizei ist in Reichenbach präsent, geht auf Streife, spricht mit den Menschen und führt natürlich auch zu Tages- und Nachtzeiten Kontrollen von Personen und Fahrzeugen durch. Dies hat bereits deutlich sichtbare positive Auswirkungen auf die Situation und die Ereignislage.“
Jugendliche werfen Böller
Damit gemeint ist die Entwicklung in der Reichenbacher Ortsmitte, wo es monatelang immer wieder zu massiven Ruhestörungen durch böllerwerfende Jugendliche gekommen war, wie Augenzeugen und Anwohner berichteten. „Die Polizei verfolgt konsequent diesbezügliche Verstöße und bringt diese zur Anzeige“, erklärte dazu ein Polizeisprecher. Durch sogenannte Präsenz- und Kontrollmaßnahmen seitens der Polizei seien Ordnungsstörungen dieser Art zuletzt unterbunden worden. „Wir werden die Situation aber auch weiterhin fest im Blick behalten.“
Im Herbst 2023 begann die Serie
Verlauf: Die Serie der Brände im Reichenbacher Westen lässt sich bis in den September 2023 zurückverfolgen. Los ging es damals mit kleineren Bränden in der Neuwiesenstraße, wo Papier- und Biomülltonnen und eine Hecke Feuer gefangen hatten. Später brannte es auch in der Siegenbergstraße, in der Schul- und in der Ulmer Straße. Häufig waren Schuppen und Gartenhütten betroffen. Am 18. Februar 2024 brach nachts in einem Mehrfamilienhaus in der Albstraße am Siegenberg im Keller ein Feuer aus. Schadenshöhe: 20 000 Euro.
Zeugen: Weil mutmaßliche Brandstiftungen oft erst entdeckt werden, wenn Täter schon weg sind, bittet die Polizei dringend Zeugen, die Verdächtiges oder auffällige Personen und Fahrzeuge beispielsweise am 30. Dezember 2024 beobachtet haben, sich zu melden. Die Telefonnummer der Polizei für Hinweise lautet 07 11 / 39 90-0. (com)
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