Regierungspräsidentin Susanne Bay hat Marcel Musolf in der Kreistagssitzung offiziell in das Amt des Esslinger Landrates eingeführt. Seine erste Amtshandlung war die Einbringung des Haushaltsentwurfs 2025.
Der Wechsel vom dienstältesten zum jüngsten Landrat in Baden-Württemberg ist vollzogen: Stuttgarts Regierungspräsidentin Susanne Bay hat in der ersten Sitzung des Esslinger Kreistages nach dessen Konstituierung Marcel Musolf offiziell in das Amt eingeführt. Der 39-jährige, vorherige Bürgermeister von Bissingen folgt Heinz Eininger nach.
Er hat seinen Dienst in der Kreisverwaltung zwar schon am 1. Oktober angetreten, doch der symbolische Akt sei für ihn ein besonderer Moment, räumte Musolf ein. Mit fester Stimme sprach er den Eid: „Ich schwöre, dass ich mein Amt nach bestem Wissen und Können führen, das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, die Landesverfassung und das Recht achten und verteidigen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde. So wahr mir Gott helfe.“ In seiner Antrittsrede betonte Musolf, er gehe „mit Demut, Dankbarkeit, Zielstrebigkeit und Respekt vor den Aufgaben in dieses Amt“. Für die Kreisbewohner wolle er „ein nahbarer, überparteilicher und tatkräftiger Landrat“ sein. Mehr Solidarität, mehr Demokratie und mehr Miteinander müssten die Antworten auf Radikalisierung sein.
Nach der Verpflichtung folgte die Pflicht: Zusammen mit Kreiskämmerer Johannes Klöhn brachte er den Haushaltsplan 2025 ein. Die Kreisräte stimmte Musolf auf herausfordernde Zeiten ein: „Die Jahre unserer Rekordüberschüsse sind vorbei.“ Und obwohl es in einem von Unsicherheit geprägten Umfeld nicht leicht falle, Zuversicht zu verbreiten, rief er den 94 Volksvertretern zu: „Lassen Sie uns aus den gegebenen Rahmenbedingungen aktiv und mit Vortrieb das Beste machen.“ Der Landkreis Esslingen könne die anstehenden Veränderungsprozesse schließlich „aus einer Position der Stärke heraus angehen“.
Die Pflichtaufgaben beständig ausgeweitet
Der Kreishaushalt 2025 steht nochmals im Zeichen großer Investitionen: 46,5 Millionen Euro sollen laut Musolf ausgegeben werden. „Damit schaffen wir Werte“, betonte er. Gleichzeitig steigen die Ausgaben beträchtlich, weil „in den vergangenen Jahren die gesetzlichen Pflichtaufgaben der Landkreise beständig ausgeweitet wurden, ohne dass es hierfür von Seiten des Bundes und des Landes einen annähernd adäquaten Ausgleich gegeben hat“. Wenn das Prinzip, „wer bestellt, bezahlt“, auch nur annähernd klappen würde, „hätten wir manch Sorgenfalte weniger“, hob Musolf hervor.
Die Aufwendungen im Kreisetat belaufen sich im nächsten Jahr auf 872,5 Millionen Euro, das sind 75,5 Millionen Euro mehr als 2024. „Dennoch planen wir eine ‚rote Null’ im Ergebnis“, erklärte der Landrat. Um diesen Mehrbedarf zu decken, soll die von den 44 Kommunen zu zahlende Kreisumlage um 1,9 Punkte auf 33,4 Prozent angehoben werden – und der Planung zufolge noch weiter steigen, auf 35,3 Prozent im Jahr 2028. Warum dies nötig ist, erläuterte der Kämmerer. „Das Wesen eines Kreishaushaltes ist bekanntlich, dass dieser in weiten Teilen fremdbestimmt ist. Umso bedenklicher ist, wenn diese fremdbestimmten Aufgaben mit ungedeckten Schecks übertragen werden“, prangerte Klöhn die gängige Praxis an, dass staatliche Zuschüsse sehr zögerlich – wie bei den Kosten für die Unterbringung von Geflüchteten – oder in deutlich geringerem Umfang an den Kreis überwiesen werden.
Ein Beispiel dafür ist die Finanzierung der Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes. Allein hier entstehen dem Kreis der Planung zufolge Kosten in Höhe von 15,4 Millionen Euro. Das Land habe ursprünglich zugesagt, diese voll zu erstatten, so Klöhn. „Doch diesmal ist nicht nur der Zahlungszeitpunkt ungewiss, sondern ob überhaupt nennenswerte Erstattungen geleistet werden. Die derzeitigen Signale aus den Verhandlungen verheißen nichts Gutes.“ Die Kreisverwaltung sieht laut Klöhn derzeit schon finanzielle Risiken in der Größenordnung von 25,5 Millionen Euro – das entspräche mehr als zwei Kreisumlagepunkten.
Bis zur geplanten Verabschiedung des Haushaltsplans Mitte Dezember werden die Kreistagsfraktionen über den Etat beraten. Musolf mahnte: „Der Haushalt muss mehr sein als das häufig zitierte Feilschen um die Kreisumlage.“ Es gehe darum, den Haushalt als Instrument zu begreifen, der das Wohl der Kreisbewohner in den Vordergrund stelle. Der Landrat selbst geht die Debatte optimistisch an. Sein Motto lautet: „Entweder, wir finden einen Weg, oder wir machen einen.“ Dieser Satz aus einem Roman über die Alpenüberquerung Hannibals habe ihn als Jugendlicher sehr beeindruckt, führte er schmunzelnd aus. Man könne ihn durchaus auch auf die Kommunalpolitik übertragen.
Eckdaten des Etatentwurfs 2025
Investitionen: Der Neubau des Landratsamtes Esslingen ist mit 28,6 Millionen Euro der größte Posten. In den Nahverkehr sollen 4,6 Millionen fließen, in Asylbewerberunterkünfte vier Millionen, in die Kreisstraßen 3,9 Millionen, in den Ausbau von Photovoltaikanlagen 1,1 Millionen Euro und in Baumaßnahmen an den Kreisschulen 600 000 Euro.
Kosten: Die Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung schlägt mit 101,8 Millionen Euro zu Buche, der Zuschussbedarf für die Leistungen der Kinder-, Jugend- und Familienhilfe erhöht sich auf 68 Millionen Euro. Die Schülerbegleitung kostet 22,6 Millionen Euro. Der Aufwand für die Grundsicherung beläuft sich auf 22,9 Millionen Euro, der Aufwand für den öffentlichen Nahverkehr samt Schülerbeförderung auf 55,8 Millionen Euro.
Kreisumlage: Bei einem Hebesatz von 33,4 Prozent ist mit einem Kreisumlageaufkommen von 367 Millionen Euro zu rechnen.
Schulden: Zur Finanzierung von Investitionen ist eine Kreditaufnahme in Höhe von 40,1 Millionen Euro geplant. Bei einer ordentlichen Tilgung von 16,7 Millionen beträgt die Gesamtverschuldung des Kreises (ohne Medius-Kliniken) zum Jahresende rund 261 Millionen Euro. Diese Summe soll bis 2028 aber sukzessive auf 218 Millionen Euro abgetragen werden. (eh)
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